Wetter

Sommer pflegt seine launenhafte Natur

von Holger Westermann

Warmwetterepisoden sind heuer (in diesem Jahr) unangenehm kurzlebig; vor Hitzewellen muss sich niemand fürchten. Hochdruckeinfluss mit Sonnenschein vom weitgehend wolkenbefreiten Himmel währt nur wenige Tage, gefolgt von Kaltfronten vorüberziehender Tiefdruckgebiete mit kräftigen Schauern und Gewittern. Nicht Dürre, sondern Überschwemmungen und Hochwasser plagen Landwirtschaft und Gartenbesitzer. Doch für wetterempfindliche Menschen ist der stete Wetterwechsel mit extremen Temperaturschwankungen ebenso belastend wie Hitze.

Durch den anhaltenden Regen sind die Böden vollgesogen mit Wasser. Sobald die Sonnenstrahlung die Landschaft erwärmt verdunstet die Bodenfeuchte und erhöht den Wasserdampf-Gehalt der Luft. Steigt die Temperatur über 17°C wird es schwül. Im Sommer wird dieser Schwülegrenzwert auch bei bedecktem Himmel zuverlässig überschritten. Dann übertrifft die gefühlte Temperatur den Thermometerwert und damit steigt auch die Gesundheitsbelastung. Denn Schwüleempfinden tritt auf, wenn die Körperwärme durch Schwitzen nicht mehr abgeführt werden kann, wenn der Schweiss aufgrund hoher Luftfeuchte nicht mehr verdunstet und wirkungslos am Körper hinunter rinnt.

Für Herz-Kreislauf-Patienten mit hohem Blutdruck (Hypertonie) ist das ein riskantes Szenario. Es ist nicht so heiss, dass Durst zu häufigem Wassertrinken animiert. Dennoch ist der Wasserverlust enorm, wodurch das Blut eindickt und das Infarktrisiko ansteigt. Aber auch Menschen mit sehr niedrigem Blutdruck (Hypotonie) müssen unter diesen Bedingungen besonders achtsam sein. Denn der Wärmestau provoziert eine Weitung der Adern im Körperkreislauf. Dadurch erhöht sich das Blutvolumen mit engem Kontakt zur kühlenden Hautoberfläche, die Wärme wird aus dem Körperzentrum abgeführt. Doch gleichzeitig sinkt der Blutdruck weiter ab. Menschen mit Hypotonie (oder Hypertoniker, deren Blutdruck durch Medikamente stark gesenkt wird) erleben dann eine Unterversorgung der Muskulatur und des Gehirns mit Sauerstoff und Zucker. Schwindel erfasst sie und die Muskelspannung erlahmt; das Risiko unkontrolliert zu stürzen nimmt zu.

Besonders drastisch sind solche Wettereffekte wenn der Temperaturwechsel sehr rasch erfolgt. Dynamischer Temperatursprung und rasanter Temperatursturz fordern eine enorme Anpassungsreaktion. Viele chronisch kranke Menschen aber auch Menschen mit fortgeschrittener Biographie sind dadurch körperlich extrem angestrengt - bis zur ernsthaften Gesundheitsbeeinträchtigung.

Die aktuelle Wetterprognose für Mitteleuropa skizziert genau so eine Herausforderung für die Gesundheit. Zwischenzeitlicher Hochdruck löst die Wolken auf und absinkende Luftmassen erwärmen sich über den Landschaften südlich des Mains auf über 30°C, südlich der Donau bis 33°C. Im Norden bleibt es dagegen bedeckt und regnerisch. Dann überquert wieder einmal von West nach Ost die Kaltfront eines Tiefdruckgebietes Mitteleuropa. Schauer und Gewitter ziehen heran, im Süden und Südosten sogar als ergiebiger Dauerregen, in hohen Lagen der Alpen (über 2.000m)  wird es schneien. Einige Regionen, die tags zuvor noch Sonnenschein und 30°C Lufttemperatur erfreute, erleben einen Temperatursturz auf 16°C.

Schon kurz darauf, wahrscheinlich zum Wochenende, reckt sich ein Ableger des Azorenhochs bis nach Mitteleuropa. Mit zunehmendem Sonnenschein wird die Lufttemperatur rasch wieder 25 bis 30°C erreichen. Der Wetterwechsel ist aber nicht beständig. Bereits am Dienstag ziehen von Nordwesten wieder Wolken mit Schauern und Gewittern auf; während des Mittwoch überquert die Kaltfront Deutschland und Österreich. Der Temperaturrückgang wird spürbar, aber nicht so drastisch und gesundheitsbelastend wie dieser Tage sein. Die Wetterberuhigung mit sommerlichem Sonnenschein währt erneut nur wenige Tage. Hoffnung besteht für eine länger Schönwetterperiode Ende August oder Anfang September - wenn man der langjährigen Wetterstatistik vertraut.

Quellen:

Dipl.-Met. Simon Trippler: (K)ein Lichtblick. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 03.08.2016

Erstellt am 4. August 2016
Zuletzt aktualisiert am 4. August 2016

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