Schon eine Stunde mehr Schlaf reduziert das Adipositas-Risiko

Mollige Teenager litten als Kleinkinder unter Schlafmangel

von Holger Westermann

Vorschulkinder, die regelmäßig erst um 21 Uhr statt um 20 Uhr schlafen gingen (geschickt wurden), waren als Teenager mit doppelt so großer Wahrscheinlichkeit adipös. Chronischer Schlafmangel im Kindesalter hat nachhaltige Folgen für Aktivität, Energiestoffwechsel und Körpergewicht.

Schlafmangel hat vielfältige Folgen, bei Kindern genau so wie bei Erwachsenen: Konzentrationsschwäche, Motivationsprobleme, erhöhte Reizbarkeit, reduzierte soziale Verträglichkeit, Neigung zu depressiver Stimmung aber auch größerer Appetit und geringere Begeisterung für körperliche Aktivität. Vor allem für Kinder ist ausreichend Schlaf wichtig, denn sie können die Folgen von (kurzzeitigem) Schlafmangel nicht durch Disziplin kompensieren. Ist die Schlafdauer andauernd zu knapp werden auch die Beschwerden chronisch.

Ein Forscherteam der Ohio State University (USA) untersuchte bei 977 Vorschulkindern (492 Mädchen) den Einfluss der Zu-Bett-Geh-Zeit auf deren Entwicklung bis ins Teenageralter. Die Wissenschaftler bildeten drei Gruppen:

  • Kinder, die um 20 Uhr schlafen geschickt wurden
  • Kinder, die zwischen 20 und 21 Uhr schlafen geschickt wurden
  • Kinder, die erst nach 21 Uhr schlafen geschickt wurden


Im Alter von 15 Jahren wurden die Kinder erneut untersucht. Dabei zeigte sich ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen Schlafenszeit und Körpergewicht (nachdem andere Einflussgrößen statistisch herausgerechnet worden waren). Stark übergewichtig oder sehr stark übergewichtig (adipös) waren:

  • 10% der Teenager, die als Kleinkinder um 20 Uhr schlafen geschickt wurden
  • 16% der Teenager, die als Kleinkinder zwischen 20 und 21 Uhr schlafen geschickt wurden
  • 23% der Teenager, die als Kleinkinder nach 21 Uhr schlafen geschickt wurden


Der Zusammenhang zwischen chronischem Schlafdefizit und Übergewicht ist gut belegt. Neu an dieser Studie ist der Nachweis, dass schon die Schlafdauer im Vorschulalter nachhaltig wirksam ist. Dabei wurde in dieser Studie gar nicht untersucht, wann die Kinder denn tatsächlich eingeschlafen sind, sondern lediglich wann Eltern ihre Kinder zu Bett schickten. Die Forscher erachten nicht die absolute Schlafdauer als relevanten Faktor, sondern den Termin der Zu-Bett-Geh-Routine im Elternhaus.

So wurde rund die Hälfte der untersuchten Vorschulkinder in die mittere Gruppe sortiert, obwohl sie bereits um 20 Uhr schlafen geschickt wurden. Sie lagen zwar frühzeitig im Bett, benötigten aber regelmäßig ungewöhnlich lang zum Einschafen. Zumeist waren dies Kinder, deren Mütter nur mäßig emotionale Unterstützung boten. Auch diese Kinder hatten als Teenager ein höheres Adipositas-Risiko. Dieser Befund illustriert, wie eng das physiologische Kriterium Schlafmangel mit psychologischen Kriterien verknüpft ist. Kleinkinder können psychologische Probleme nicht kompensieren (Coping-Strategien aktiv gestalten/wählen) und Schlafmangel ist dann die Folge, die weitere soziale und Gesundheitsprobleme mit sich bringt.

In ihrem Fazit verweisen die Forscher daher auch darauf, dass neben der Schlafdauer eine Vielzahl und Vielfalt von Einflüssen das Körpergewicht von Kindern und Teenagern beeinflussen. Wichtig sei deshalb diese Wechselwirkungen zu untersuchen, um sie zukünftig besser zu verstehen.

Quellen:

Anderson, S.E. et al. (2016): Bedtime in Preschool-Aged Children and Risk for Adolescent Obesity. The Journal of Pediatrics, online veröffentlicht 14.07. 2016. doi: 10.1016/j.jpeds.2016.06.005.

Erstellt am 13. August 2016
Zuletzt aktualisiert am 13. August 2016

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