Wetter

Siegfried quält Herz und Lunge

von Holger Westermann

Im Winter bewirkt Hochdruckwetter andere Effekte als im Sommer. Hoch „Siegfried“ lässt zwar auch tagsüber die Sonne scheinen, aber über Nacht kühlt es kräftig ab und morgens bildet sich vielerorts Reif. Nach Sonnenaufgang erwärmt sich die vormals frostige Luft rasch. Bei Windstille reichert sich in der absinkenden Luft feinster Staub an. Hält die Wetterlage länger an, kann die ansteigende Feinstaubkonzentration Herz und Lunge belasten.

Bei Hochdruckwetterlagen sinkt Luft aus großen Höhen ab; es entsteht quasi „Wind von oben“. Diese Luftbewegung ist nicht besonders dynamisch, sie bewirkt aber zwei Effekte:

  • Die absinkende Luft erwärmt sich adaibatisch; je näher sie dem Boden kommt, um so höher ist der Luftdruck und um so stärker wird sie zusammen gedrückt - die komprimierten Luftmoleküle stoßen häufiger zusammen, die Luft wird wärmer.
  • Bei geringem Seitenwind (wenig Druckdifferenz zur Nachbarschaft, der durch horizontale Luftbewegung = Wind ausgeglichen wird) verhindert die absinkende Luft ein Durchmischen der Luftmassen, wodurch in der bodennahen Schicht Feinstaub anreichern kann.

Bei Inversionswetterlagen, trifft die sich absinkend erwärmende (und damit vergleichsweise leichte) Luft auf eine solide Kaltluftschicht am Boden. An der Grenzschicht zwischen warmer und kalte rLuft bildet sich Hochnebel oder gar eine Wolkendecke, die wärmende Sonnenstrahlung abschirmt. So kann es in Gipfellagen der Mittelgebirge bei guter Fernsicht spürbar wärmer sein als in den diesig grauen Tälern.

Insbesondere in Städten, deren Topographie einem Kessel gleicht und den Luftmassenaustausch zusätzlich behindert(beispielsweise Stuttgart), steigt die Feinstaubkonzentration in der Atemluft stark an. Man unterscheidet grobe Partikel (Durchmesser kleiner als 10 µm, größer als 2,5 µm), feine Partikel (kleiner als 2,5 µm) und ultrafeine Partikel (kleiner als 0,1 µm). Haare von Mitteleuropäern sind zwischen 50 und 70 µm dick).

Neben natürlichen Quellen für Feinstaub, beispielsweise Meeresgischt und (selten aber dann massiv wirksam) Waldbrände oder Vulkanausbrüche sind vornehmlich kulturelle Aktivitäten für das Entstehen von Feinstaub verantwortlich, insbesondere Stromerzeugung, Heizung und Verkehr. In Großstädten ist der Straßenverkehr bedeutsamste Feinstaubquelle (in Stuttgart rund 45%). Dabei ist jedoch nicht der Ausstoss von Verbrennungsmotoren problematisch, sondern überwiegend der Abrieb von Bremsen und Reifen, sowie das Aufwirbeln und Zerreiben von Staub auf der Straßenoberfläche.

So winzig klein diese Partikel sind, so groß und weitreichend ist doch ihre Wirkung auf die Gesundheit der Menschen, die sie einatmen: Menschen mit COPD erleben eine ähnliche Belastung wie durchs Rauchen, bei Asthma-Patienten kann die mechanische Reizung einen Anfall provozieren. Da die ultrafeinen Staubpartikel auch in den Blutkreislauf gelangen können sie auch direkt an Herz, Leber und an anderen Organen Schaden zufügen. Eine anhaltende Belastung durch Feinstaub kann auch langfristig und nachhaltig Herz und Kreislauf belasten. Menschen, die dauerhaft feinstaubhaltige Luft atmen, haben eine erheblich reduzierte Lebenserwartung. Besonders betroffen sind dabei nicht Großstädter in Mitteleuropa, sondern Frauen in Populationen auf basalen Kulturniveau. Sie verbringen einen Großteil des Tages am offenen Herdfeuer, während die Männer vor den Hütten sitzen.

Quellen:

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann: Ohne Moos nix los… . Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 14.11.2016

Erstellt am 14. November 2016
Zuletzt aktualisiert am 14. November 2016

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