Nicht die Zahl der Trainingseinheiten, die Zahl der Sportstunden ist relevant

Auch Wochenend-Training ist effektiver Gesundheitsschutz

von Holger Westermann

Gute Vorsätze für die Gesundheit scheitern bei Berufstätigen oft an der ästhetischen Bildung. Im Winter ist der lichte Tag so kurz, dass Frischluftaktivitäten im Finstern stattfinden müssten. Bis zum Sommer mit langen lauen Abenden hält der Elan nicht vor. Andererseits scheuen Fitnesseinsteiger mit Restbeständen an Selbstachtung hellerleuchtete Studios, die zur öffentlichen Präsentation des optimierungsbedürftigen Körpers zwingen. Parallel Karriere und Athletik verbessern -  ein Paradox? Neue Erkenntnisse geben Hoffnung: Das gesundheitsförderliche Training kann auch komplett am Wochenende absolviert werden.

Wer seiner Gesundheit Gutes tun will, sollte mindestens 150 Minuten in der Woche Ausdauersport betreiben (Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation, WHO); zweimal trainieren erhält die Fitness, dreimal verbessert sie. Wer sich nur einmal quält und sei es noch so intensiv, darf nicht auf einen positiven Effekt hoffen. So die bislang propagierten Tipps der Trainingsexperten. Womöglich irrten sie und haben dabei mittelbar Menschenleben verkürzt. Durch die forsch formulierte Mindestanforderung für effektives Trainieren errichteten sie für Neu- oder Wiedereinsteiger eine frustrationsträchtig hohe Hürde. Viele verzichteten trotz ernsthaftem Willen von vornherein, da das Scheitern vorhersehbar war - und entzogen ihrem Körper die heilsame wie vorbeugende Wirkung körperlicher Aktivität.

Eine Analyse der Daten von insgesamt 63.591 erwachsenen Engländern und Schotten (44,1% Frauen, Mindestalter 40 Jahre, Durchschnittsalter 59 Jahre) aus den Jahren 1994 bis 2012 zeigte, dass auch kompaktes Training am Wochenende den gewünschten Effekt auf die Entwicklung der Gesundheit hatte. Bei der Datenerhebung wurden die Menschen nach ihrer körperlichen Aktivität befragt; parallel dazu wurden regelmäßig Daten zur Entwicklung des Gesundheitszustands erfasst.

Im Untersuchungszeitraum starben 8.800 Teilnehmer; davon 2.780 an Herz-Kreislauf-Ereignissen und 2.526 an einer Krebserkrankung. Dabei war das Risiko für Wochenend-Athleten infolge einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben um 41% geringer als bei konsequenten Bewegungsmuffeln und erreichte einen vergleichbar positiven Effekt wie die (nahezu) täglich Trainierenden. Auch das Krebsrisiko war um 18% geringer, wobei die Supersportlergruppe hier 21% erreicht. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Menschen, die an Krebs erkranken, oftmals schon vor der Diagnose körperlich weniger fit sind und daher auch weniger regelmäßig Sport treiben. Andererseits kann auch davon ausgegangen werden, dass die positiven Gesundheits-Effekte so generell sind, dass auch das Risiko bei anderen Erkrankungen sinkt - sofern deren Entwicklung oder einzelne Symptome gemeinhin von regelmäßiger körperlicher Aktivität beeinflusst werden, wie Asthma und COPD, depressive Stimmung (leichte Depression) und Konzentrationsfähigkeit oder Motivationsbereitschaft, Schwindel und Kopfschmerzen.

In ihrem Fazit weisen die Forscher darauf hin, dass ihre rein statistische Auswertung (retrospektive Kohortenstudie) lediglich Korrelationen (Zusammenhänge) aufzeige und keine Kausalitäten (Wirkungen), die Aussagen über Ursache und Wirkung erlauben. Sport zu meiden kann auch Folge einer Gesundheitsschwäche sein - und ist nicht zwingend deren Ursache. Sie sehen in den Ergebnissen ihrer Studie eine Ermutigung für Menschen, die nur am Wochenende oder an einzelnen Tagen der Woche Zeit für Sport finden: Regelmäßig Sport zu treiben ist optimal, aber auch Wochenend-Athleten tun etwas nachhaltig Gutes für die Gesundheit.

Quellen:

O’Donovan, G. et al. (2017): Association of “Weekend Warrior” and Other Leisure Time Physical Activity Patterns With Risks for All-Cause, Cardiovascular Disease, and Cancer Mortality. Journal of the American Medical Assocciation (JAMA) Internal Medicine, onlie veröffentlicht am 09.01.2017. DOI: 10.1001/jamainternmed.2016.8014

Erstellt am 10. Januar 2017
Zuletzt aktualisiert am 11. Januar 2017

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