Wetter

In schwüler Luft schwindet das Wohlbefinden

von Holger Westermann

Gewitterwolke im Mai

Endlich wieder Wärme. Die Lufttemperatur übersteigt tagsüber lässig die 20°C-Grenze und nachts wird es kaum noch kälter als 10°C. Vor wenigen Tagen war das noch der Maximalwert. Doch mit der Wärme kommt diesmal auch reichlich Luftfeuchte, es wird schwül. Gewitter bauen sich auf, Wind und Regen mancherorts auch Hagel kühlen dann rasch wieder ab. Die rasanten Wechsel der gefühlten Temperatur belasten die Gesundheit.

Angetrieben durch ein mächtiges Atlantiktiefs (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn) fließt feuchtwarme Subtropenluft nach Mitteleuropa. Bei der Kollision mit der bislang hierzulande vorherrschenden Kaltluft bilden sich Quellwolken und Gewitter mit kräftigem Wind, Starkregen und mancherorts auch Hagelschlag. Für die noch vor wenigen Wochen frostgeplagten Gärtner, Obstbauern und Winzer bedeutet die Wetterwechsel erneut Risiken für die bislang verschonten Pflanzungen.

Unmittelbare Gesundheitsrisiken durch Gewitter ist der Blitzschlag. Typische Gewitterwolken ragen hoch in der Atmosphäre auf. Im Übergang zwischen der unteren Troposphäre, in der sich das gesamte Wettergeschehen abspielt, und der Stratosphäre liegt als Grenzschicht die Tropopause (ca. 10km Höhe). Erreicht die aufsteigende Gewitterwolke die Tropopause verhalten sich die Wassertröpfchen wie Wasserdampf unterm Kochtopfdeckel - sie weichen ringsherum seitwärts aus. So entsteht die typische Ambosgestalt der Cumulonimbuswolken.

Die vertikale Luftbewegung in diesen Wolken ist enorm und reißt herabfallende Eiskristalle immer wieder empor. Dabei lagern sich stets aufs Neue Wassertröpfchen an; die Eiskristalle wachsen zu Hagel heran. Erst wenn die Aufwärtskräfte nicht mehr ausreichen die zu stattlicher Göße und damit Gewicht angewachsenen Hagelkörner mitzureißen, fällt der Hagel zu Boden. Dabei werden selektiv geladene Teilchen zwischen den Wolkenetagen bewegt und letztendlich getrennt. Die Spannung zwischen den Ebenen kann bis zu 1.000.000.000 Volt betragen. Zumeist entladen sich diese Differenzen als Blitze innerhalb der Gewitterwolken. In einer Gewitterwolke kann die Gesamtlänge der Wolkenblitze bis zu 100km betragen. Deutlich seltener, aber für Menschen bedrohlich sind die Erdblitze, wenn die Spannungsentladung zwischen Wolkenunterseite und Erdboden erfolgt.

Ein Erdblitz schlägt zumeist in exponierte Landmarken ein. Das ist erstaunlich, da selbst hohe Gebäude, erst recht aber maximal 2m hohe Erhebungen wie ein Mensch, nur einen sehr geringen Teil der Gesamtstrecke des Blitzes ausmachen. Doch Luft ist ein so guter Isolator, dass auch geringe Vorteile der Leitfähigkeit eine Richtungsänderung des Blitzes bewirken kann. Die Reduktion des Körperhöhe im Gelände von 1,6 bis 2m auf weniger als 0,8m, indem man sich trotz Regen einfach hinhockt anstatt weiter zu laufen, ist daher eine wirksame Schutzmaßnahme. Die Wahrscheinlichkeit als Fußgänger vom Blitz getroffen zu werden ist jedoch nicht besonders groß. Manch einer vergleicht sie mit dem berühmten 6er im Lotto (inkl. Superzahl). In Deutschland trifft es aber immer noch 3 bis 4 Menschen pro Jahr.

Das Risiko war früher sicherlich größer, als die Menschen in der Landwirtschaft gerade vor drohendem Gewitter noch versuchten die Heuernte zu retten (Heu in das es hinein geregnet hat verliert einen Gutteil seines Futterwertes). So ist es tröstlich, dass zwei Drittel aller vom Blitz Getroffenen überleben. Heutzutage können Menschen Gewitter im Freien meiden. Viele tun es schon lang im Vorfeld, da schwüle Witterung ihre Gesundheit belastet. Bei fast allen Menschen schwindet die Motivations- und Leistungsfähigkeit, Konzentrationsprobleme machen jede Tätigkeit unmöglich für die Aufmerksamkeit notwendig wäre. Autofahren wird zum Hochrisikoerlebnis, da alle andern vollkommen chaotisch fahren - man selbst ist natürlich hochkonzentriert bei der Sache. Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen sackt der Blutdruck weg, die Muskelspannung lässt nach, es gelingt kaum noch sich aufzuraffen und längere Strecken zu laufen. Wer unter niedrigem Blutdruck leidet kennt diese Symptome auch, oftmals plagen dann auch noch Kopfschmerzen. Selbst Menschen mit Migräne müssen mit Attacken rechen.

Die Regenfälle wirken dann oft als willkommene Abkühlung, wenn nicht in Verbindung mit Windböen die gefühlte Temperatur so drastisch abstürzt, dass die Fähigkeit des Körpers zur thermischen Anpassung erneut übermäßig gefordert wird.

Quellen:

Dipl.-Met. Thomas Ruppert: Gewitter, Blitze und persönliche Verhaltensregeln. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 11.05.2017

Erstellt am 12. Mai 2017
Zuletzt aktualisiert am 14. Mai 2017

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