Wetter

Harter Sonnenschein

von Holger Westermann

Wärme und Licht bessern Gemüt und Gesundheit. Nur wenige Menschen leiden bei gleißender Helligkeit (Lichtempfindlichkeit), viele unter Hitze (Atemwegsbeschwerden und Herz-Kreislauf-Probleme), fast alle bei Schwüle. Doch diese vergleichsweise weiche Strahlung von Infrarot und sichtbarer Wellenlänge birgt erheblich weniger Gefahr als die harte UV-Strahlung. Gerade jetzt, wenn der lichte Tag besonders lang ist und die Sonne hoch am Himmel steht ist dieses Gesundheitsrisiko maximal.

Der astronomische Sommerbeginn zur Sonnenwende am 21. Juni steht unmittelbar bevor. An der Länge des lichten Tages ändert sich nun nicht mehr viel. Zu den Tagundnachtgleichen, den den Beginn von Herbst und Frühling markieren ist das anders. Da beträgt die Änderung von Tag zu Tag rund 4 Minuten. Derzeit verlängert sich die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Untergang nur noch um wenige Sekunden. Relevant für die Dauer des Sonnenscheins ist jetzt das Wetter und das verspricht vorerst wenig Wolken und Warmluftzustrom. In Mitteleuropa werden Tagesmaxima von 24 bis 30°C erwartet - im Schatten.

Der Sommer beginnt, wenn die Sonne zur astronomischen Mittagszeit (13:00 MESZ) senkrecht über dem nördlichen Wendekreis (etwa 23,43° N) steht. In der Fachsprache befindet sich die Sonne dort an diesem Tag "im Zenit". Dieser besondere Breitenkreis verläuft auf dem afrikanischen Kontinent von Mauretanien über das südliche Algerien und Libyen nach Ägypten und ist vom Äquator etwa 2600 km weit entfernt. Etwa die selbe Entfernung trennen Frankfurt am Main vom Wendekreis.

Während des Sommers auf der Nordhalbkugel ist die Erde rund 5 Mio. km weiter von der Sonne entfernt als zur Wintersonnenwende Ende Dezember. In der Astronomie werden dafür die Begriffe "aphel" (sonnenfernster Punkt) und "perihel" (sonnennächste Position) verwendet. Die Zeitpunkte des sonnenfernsten bzw. sonnennächsten Punktes sind allerdings nicht ganz deckungsgleich mit dem astronomischen Sommer- und Winterbeginn, sondern finden erst ein paar Tage später statt. Dennoch ist die Sonneneinstrahlung derzeit hierzulande maximal. Die Distanz zur Strahlungsquelle Sonne ist dabei von nachrangiger Bedeutung.

Da die Rotationsachse der Erde gegenüber der Sonnen-Umlaufbahn um 23,43° geneigt ist (Ekliptik), wird die Nordhalbkugel während des Sommers deutlich länger von der Sonne beschienen als im Winter. Die Jahreszeitendifferenz ist in polnahen Regionen maximal, am Äquator minimal.

Da Mitteleuropa nördlich des Wendekreises liegt, erreicht der Sonnenstand zu keiner Zeit im Jahr den Winkel von 90° (senkrecht im Zenit). Bei 50° nördlicher Breite (entspricht etwa der Mainlinie) beträgt der maximale Einstrahlungswinkel etwa 63,4°; höher steht die Sonne hierzulande nicht am Himmel. Dann scheint sie nicht nur besonders lang, sondern auch besonders intensiv, da der Weg der Sonnenstrahlen durch die Atmosphäre kürzer ist als bei niedrigerem Sonnenstand. Ein vergleichbarer Effekt ergibt sich beim Aufenthalt im Gebirge.

So werden zur Sommersonnenwende entlang des Mains knapp 90 % der Bestrahlungsstärke am nördlichen Wendekreis erreicht. Kommt zum hohen Sonnenstand auch noch eine entsprechende subtropische oder gar tropische Luftmasse hinzu, wird es in Mitteleuropa sehr warm oder heiß. Riskant ist jedoch vor allem der Anstieg energiereicher UV-Strahlung. Sie kann besonders intensiv wirken, da sommerliche Wärme zu leichter Garderobe animiert, die großflächig blanke (und zunächst blasse) Haut präsentiert.

Glücklicherweise dringt nur ein sehr geringer Teil der harten UV-Strahlung bis zur Erdoberfläche. Je nach Härte (kürzere Wellenlänge der Strahlung = höherer Energiegehalt) unterscheidet man zwischen der UV-A Strahlung mit 315 bis 400 nm (Nanometer) und der UV-B Strahlung mit 280 bis 315 nm. Die Ozonschicht der Atmosphäre lässt UV-A fast vollständig passieren, filtert aber UV-B messbar (und auf der haut spürbar) heraus. Auch in der Haut selber wirken die beiden Kategorien der UV-Strahlung unterschiedlich. UV-A dringt tief in die Haut ein und führt zu einer kurzfristigen Bräune, die jedoch keinen nachhaltigen Lichtschutz bewirkt. Bei intensiver und anhaltender UV-A-Einwirkung altert die Haut, wird ledern und faltig. Auch das Hautkrebsrisiko ist bei häufiger ungeschützter Einstrahlung deutlich erhöht. Die UV-B-Strahlung wirkt dagegen nur in den oberen Hautschichten und regt eine langfristigere Bräune an, die auch einen echten Lichtschutz mit sich bringt. Die Verhornung und Faltenbildung ist deutlich geringer als bei UV-A, dafür steigt das Sonnenbrand-Risiko. Die Hautreaktion mit scharf abgegrenzter Rötung sonnenexponierter Hautregionen, Hitzegefühl, Juckreiz entwickeln sich noch mehrere Stunden weiter, nachdem das Sonnenbad bereits beendet wurde. Auch dann können sich noch Ödeme und Blasen (ähnlich Brandblasen) bilden. Auf derart malträtierter Haut entwickelt sich über dieJahre mit größerer Wahrscheinlichkeit Hautkrebs als auf dauerhaft sonnengeschützten.

Aus medizinischer Sicht erstaunlich ist, dass unter den beiden Hauptrisiken Hautkrebs und Hautfalten, die sichtbare Alterung der Haut den größeren pädagogischen Effekt erzielt. Krebs wird immer noch als „Schicksal“ angesehen, auch wenn der Zusammenhang mit intensiver Sonneneinstrahlung gut belegt ist. Die Aussicht sich zukünftig mit faltiger und ledrig verdickter Haut präsentieren zu müssen, schreckt dagegen genau die auf Schönheit bedachten Menschen, die in jungen Jahren durch sportlichen Bräune Fitness ausstrahlen möchten.

Quellen:

Westermann, H. (2017): Walrita stresst den Klima-Michel. Menschenswetter Artikel 1509, online veröffentlicht am 26.05. 2017.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Die Gefahr aus dem All - Solare UV-Strahlung und ihre Wirkung auf den Menschen. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 11.06.2017

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri: Eine Tagesdosis Hochsommer. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 14.06.2017

Erstellt am 14. Juni 2017
Zuletzt aktualisiert am 14. Juni 2017

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