Wetter

Hitzewelle bricht mit Getöse

von Holger Westermann

Abendhimmel

Gewitter und Regen kühlen messbar aber nicht merklich. Das Thermometer zeigt deutlich geringere Werte als in den letzten Tagen, doch die hohe Luftfeuchte sorgt für ein gleichbleibendes Temperaturempfinden. Die heißen Tage mit Tagesmaxima über 30°C sind erst einmal vorbei. Durch Schwüle bleibt die Wärmebelastung aber hoch.

Wellen kann man beschreiben, aber nicht greifen. Wer eine Wasserwelle fassen möchte zerstört ihre gleichförmige Bewegung und wird nass. Am Meer lässt der nahe Strand die mächtige Bewegung brechen. Auch eine Hitzewelle ist schwer zu begreifen; jeder jammert darüber aber definieren kann man sie nicht. Die Weltorganisation der Meteorologen (World Meteorological Organization, WMO) der Vereinten Nationen (United Nations, UN) fordert, dass an diesem Ort für mindestens fünf aufeinanderfolgenden Tagen die durchschnittlichen Höchstwerte des Zeitraums von 1961-1990 um mindestens 5°C überschritten werden. „Danach könnte es auch bei -20 Grad in Sibirien eine Hitzewelle geben.“ unkt Dipl.-Met. Christoph Hartmann vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Einer so strengen Definition hält die aktuelle Hitzewelle in Mitteleuropa nicht stand. Hierzulande garantiert der regelmäßige Durchzug mächtiger Atlantiktiefs mit ihrer Kaltfront eine immer wiederkehrende Kurzzeitabkühlung - die fünf Hitzetage ohne Unterbrechung sind nur bei sehr stabilen Hochdrucklagen möglich, wenn die Tiefdruckgebiet nordwärts abgelenkt werden.

Andererseits ist die gefühlte Hitzewelle derzeit sehr stabil. Denn die Kaltfronten bringen nicht nur kühlere Luft, sondern auch einen Anstieg der Luftfeuchte und damit zunehmende Schwüle. Die gefühlte Temperatur sinkt deutlich weniger als der Thermometerwert; manchmal wird die kühlere aber drückend-schwüle Luft sogar wärmer empfunden als trockenheiße. Hinzu kommt, dass ein Kaltfrontdurchzug von Gewittern mit Schauern und Sturmböen begleitet wird. Sensible Menschen reagieren darauf mit innerer Unruhe, wodurch die Empfindlichkeit gegenüber Temperaturreizen ansteigt - im Sommer heiß und frösteln im nasskalten Winter.

Zur subjektiven Hitzewelle zählt auch die Wärmebelastung bei Nacht. Meteorologen sprechen von Tropennächten, wenn die Temperatur nicht unter 20°C sinkt. Auch hier kann Schwüle das Temperaturempfinden stark beeinflussen. Relevant für die Schlafqualität ist die Absenkung der Körpertemperatur beim Einschlafen. In warmer Umgebung oder bei hoher Luftfeuchte, die eine Angabe der Körperwärme einschränkt (Schwitzen ist nicht mehr effizient), quälen eine lange Einschlafphase und unruhiger Schlaf. Ist man beim Aufstehen unausgeschlafen, verstärken sich die negativen Effekte der empfundenen Hitze: Konzentrationsprobleme, Leistungs- und Motivationsschwäche aber auch kritische Gesundheitsbeschwerden wie Herz-Kreislauf-Schwäche, Schwindel und Kopfschmerzen bei niedrigem Blutdruck.

Aktuell bestimmt das Atlantiktief „Rasmund“ die Wetterentwicklung über Mitteleuropa. An seiner Vorderseite (Ostflanke; Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum) strömt aus Südwest energiereiche feucht-warme Subtropikluft heran. Im Schwarzwald und auf der Alb sowie im Allgäu (Baden-Württemberg, Bayern) bilden sich mächtige Gewitter mit Starkregen und Hagel; Unwetter sind möglich. „Rasmund“ hat es nicht eilig, erst am Freitag verliert das Tief seinen Einfluss auf das Wetter hierzulande und zieht nach Schweden ab. An seiner Rückseite (Westflanke) strömt dann kühlere Luft nach Mitteleuropa. Die Nordmeerluft ist sehr viel weniger unwetterträchtig als die Mittelmeerluft, so dass dann mit einer vorübergehenden Wetterberuhigung und auch spürbaren Temperaturrückgang gerechnet werden kann - bis das nächste Atlantiktief heranrückt und die gefühlte Hitzewelle weiter trägt.

Quellen:

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Eine Hitzewelle wird angekündigt. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 17.06.2017

Dipl.-Met. Marcus Beyer: Donnerstag: Höhepunkt der Hitzewelle und Unwetter. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 21.06.2017

Dipl.-Met. Thomas Ruppert: Hitze und Blitze - eine Retrospektive. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 23.06.2017

MSc.-Met. Sebastian Schappert: Tief "RASMUND" bringt kräftige Gewitter mit Starkregen.  Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 27.06.2017

Erstellt am 27. Juni 2017
Zuletzt aktualisiert am 27. Juni 2017

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