Wetter

Nebel ziert Altweibersommerweiben

von Holger Westermann

Der Begriff Altweibersommer für die Schönwetterperiode zur herbstlichen Tagundnachtgleiche hat mit betagten Damen nichts zu tun, sondern leitet sich von den Weiben ab: Den Spinnweben auf Wiesen und Rasen. Sichtbar wird das feine Gespinst erst durch die Tautröpfchen des Morgennebels, der sie in der Sonne silbern glitzern lässt.

Der Altweibersommer ist eine meteorologische Singularität, eine regelmäßig auftretende Unregelmäßigkeit. Zu erwarten wäre ein kontinuierlicher Temperaturrückgang vom Hochsommer bis zum strengen Winter. Doch diesem Trend mangelt es an Stringenz. Der Altweibersommer markiert, ebenso das Weihnachstauwetter, eine tendenziell zu warme Periode. In der zweiten Septemberhälfte oder Anfang Oktober, in den Alpen und im Voralpenland auch noch bis Mitte Oktober, erfreut das Wetter oftmals durch lang anhaltenden Sonnenschein und milde Mittagstemperatur. Da der Boden kaum noch Wärme speichert, kühlt die Luft nach Sonnenuntergang rasch ab. Zwischen dem Maximum am frühen Nachmittag und der kältesten Stunde frühmorgens (kurz nach Sonnenaufgang, bevor der Sonnenschein wieder wärmt) ist die Temperaturdifferenz besonders groß. Die Luft kann während der warmen Mittagsstunden viel Feuchtigkeit aufnehmen, die bei Sonnenschein unter Einwirkung der Strahlungswärme aus dem Boden verdunstet. Schon während der Abkühlung am Abend oder in der frischen Morgenluft kondensiert ein Teil des Wasserdampfs zu feinen Tröpfchen - es bildet sich Nebel.

Über feuchten Landschaften mit Wiesen, Feldern und Flüssen bildet er sich zuerst, dann auch in Wäldern und schließlich bedeckt er auch locker bebaute Vororte und urban verdichtete Städte. Für wetterempfindliche Menschen ist Nebel ein unangenehmes Wetterphänomen. Er hält den Sonnenschein fern und schirmt gegen Wärme und Licht. Moderate Wärme wird von vielen chronisch kranken Menschen als wohltuend empfunden, bleibt es kühl, bei Neben oftmals sogar nasskalt, verstärken sich die Symptome. Gelenke schmerzen, Muskulatur verkrampft, das Atmen fällt schwer. Zudem sammeln sich in der dunstigen Luft Schadstoffe an. Unter dem grau-dunstigen Lichtfilter leiden auch gesunde Menschen. Fehlt der Reiz von intensivem Sonnenschein kommt der Tag-Nacht-Rhythmus aus dem Takt. Die Schlafqualität schwindet und tagsüber quält Müdigkeit. Die Konzentrationsfähigkeit und Motivationsbegeisterung lässt spürbar nach; nicht nur bei Einzelnen, sondern auch bei deren Mitmenschen. Triste Stimmung breitet sich aus.

Während des Altweibersommers ist die Strahlkraft der frühherbstlichen Sonne noch intensiv genug, den Nebel aufzulösen. Tagesmaxima mit 23°C Thermometerwert werden im Sonnenschein wie sommerliche 28°C empfunden. Im Schatten schwindet dieser gefühlte Temperaturanstieg jedoch sofort. Auf Spaziergängen durch freie Fluren kann man derzeit ins Schwitzen kommen, ein Abstecher in schattigen Wald zwingt dagegen zu wärmender Garderobe. Wer bereits frühmorgens aufbricht sieht auf Wiesen oder auf dem Rasen in Gärten und Parks die taubenetzten Weiben im Sonnenlicht funkeln. Kleine Spinnenarten nutzen den Herbstwind, um sich an kleinen Gespinsten hängend forttragen zu lassen. Bei Hochdruckwetter des Altweibersommers weht kaum Wind, die Spinnweben bleiben am Boden und bieten dem Tau Kondensationsfläche - und den Menschen einen reizvollen Anblick.

Quellen:

Dipl.-Met. Simon Trippler: Der Nebel kriecht in die Wälder. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 21.09.2017

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Altweibersommer. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 23.09.2017

Erstellt am 23. September 2017
Zuletzt aktualisiert am 23. September 2017

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