Wetter
Hitzewelle provoziert Gesundheitsrisiken
Ganz Mitteleuropa wird sukzessive in Warmluft gehüllt. Zunächst werden nur im Südwesten Deutschlands 30°C erreicht, in den folgenden Tagen schwappt die Hitzewelle bis nach Bremen, Greifswald und Wien. Heiße Tage (Tagesmaximum über 30°C) allerorten, nachts drohen Tropennächte (Tagesminimum über 20°C). Entlang des Rheins können bis zu 36°C Hitze auftreten – im Schatten. Die gefühlte Temperatur wird aufgrund der enormen Intensität der Sonnenstrahlung noch deutlich darüber liegen. Insbesondere der rasante Temperaturanstieg um rund 15°C innerhalb von 48 Stunden bedeutet für wetterempfindliche Menschen eine enorme Gesundheitsbelastung.
Die gefühlte Temperatur wird aus Thermometerwert, Luftfeuchte, Wind, Strahlungsintensität (inkl. Reflektion beispielsweise an weißen Hauswänden und Wasseroberflächen) und Dynamik der Temperaturentwicklung berechnet. Ist die Luft trocken und hieß kann sie als angenehmer empfunden werden als vergleichsweise kühle Schwüle. Für das Wohlbefinden ist ausschlaggebend, ob der Körper überschüssige Wärme zuverlässig abführen kann. Bei trockener Luft verdunstet der Schweiß und entzieht dabei der Umgebung Wärme, die Haut wird effektiv gekühlt. Bei schwülwarmer Luft kann der Schweiß nicht verdunsten, sondern rinnt wirkungslos am Körper herab. Die Folge sind Wärmestau und ein unangenehmes Körpergefühl.
Insbesondere leiden Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegsproblemen unter der Hitze. Bei Wärme weiten sich die Adern, der Blutdruck sinkt, jede körperliche Aktivität erfordert eine enorme Anstrengung. Zudem verliert der Körper durch Schwitzen viel Wasser, ein Gutteil davon stammt aus dem Blut; dadurch sinkt die Blutmenge und das Blut wird dickflüssig. Beide Effekte belasten den Körper. Dickflüssiges Blut erfordert eine höhere Pumpleistung des Herzens, zudem steigt das Thromboserisiko. Die geringe Blutmenge verhindert, dass sich ein hinreichender Blutdruck aufbaut, um alle Muskeln und Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Fällt der Blutdruck zu stark ab, genügt die Pumpleistung nicht mehr um die gesamte Blutmenge aus den Füssen zurück zum Herzen zu transportieren. Dann tritt Flüssigkeit aus den Blutgefässen ins Gewebe der Füsse über und lässt sie anschwellen, es bilden sich Ödeme. Bei Betroffenen sinkt die Begeisterung für Bewegung noch weiter – damit bremsen sie auch die kreislaufunterstützende Muskelpumpe. Die Effekte verstärken sich gegenseitig, für Herz-Kreislauf-Patienten bedeutet Hitze immer auch ein erhöhtes Thromboserisiko.
Auf der anderen Seite kann der hitzebedingte Blutdruckabfall auch Anlass sein, die Dosierung der Medikamente zu überdenken. Blutdrucksenker oder Diuretika (zum Ausschwemmung von Wasser) können möglicherweise geringer dosiert werden, da die Hitze bereits für die angestrebte Medikamentenwirkung sorgt – es droht eine funktionelle Überdosierung. „Herzkranke Patienten sollten deshalb von ihrem behandelnden Arzt die Dosierung der verabreichten Medikamente überprüfen lassen“, rät der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Wendt vom Kardiocentrum Frankfurt und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung.
Auch junge Frauen, die generell schon einen niedrigen Blutdruck haben (Hypotonie), leiden bei hohen Temperaturen unter Kreislaufproblemen. Fällt der Blutdruck bei extremer Wärmebelastung noch tiefer, kann es zu einer Mangelversorgung lebenswichtiger Organe kommen. Zumeist bleiben die Beschwerden unbemerkt, bis die jungen Frauen ohnmächtig werden. Dies ist ein Zeichen für die Unterversorgung des Gehirn mit Energie und Sauerstoff – es drohen Hitzekollaps oder sogar ein Hitzschlag.
Die Folgen müssen nicht immer derart dramatisch sein. Doch selbst ansonsten wenig wetterempfindliche Menschen spüren Antriebsarmut, Müdigkeit und schwere Beine; dies sind Zeichen einer Hitzeerschöpfung. Treten starker Durst, gerötete Haut, Kreislaufbeschwerden, extremes Schwitzen, Schwindelgefühl, Flimmern vor den Augen, Zittern und Muskelkrämpfe auf, sind dies bereits Symptome eines akuten Hitzestaus. Nun sollten unbedingt Maßnahmen zur Körperkühlung und zur Regeneration des Blutes ergriffen werden: Kühle Umschläge an den Armen und Beinen sowie am Kopf; zimmerwarmes Mineralwasser oder leicht gesalzene Brühe trinken. Die Umschläge und Getränke sollten nicht kalt sein, da kalte Auflagen die Adern in der Haut zusammen ziehen und dadurch die Wärmeableitung behindert wird; eiskalte Getränke werden im Magen erst einmal auf Körpertemperatur gewärmt – eine entbehrliche zusätzliche Wärmeproduktion.
Menschen mit Atemwegserkrankungen leiden weniger unter dem Hitzeeinfluß auf ihre Physiologie als auf die Physik der Luft. In heißer Luft stoßen sich die Moleküle sehr heftig gegenseitig an, der Abstand zwischen ihnen wird größer. So sind pro m3 weniger Moleküle vorhanden, pro Atemzug gelangt weniger Sauerstoff in die Lunge. Oftmals addieren sich Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Probleme bei den Betroffenen. Für sie wird die angekündigte Hitzewelle zu einer spürbaren Gesundheitsbelastung.
Tipps zum souveränen Surfen auf der Hitzewelle
- Viel trinken
An normalen Tagen benötigt ein Erwachsener etwa 2 Liter Flüssigkeit, an heißen Tagen 4 Liter. Bei Schwüle kann der Wasserverlust durch Schwitzen bis zu einem Liter pro Stunde betragen. - Leichte Kost
Die meisten Menschen meiden bei Hitze schwer verdauliche, fettreiche Nahrung und üppige Mahlzeiten. Eine Ausnahme bilden Gelage am Grill. Hier gilt es durch Salate den durchschnittliche Fettgehalt zu senken (also keine Mayonnaisesalate, die sind bei der Hitze ohnehin sehr Salmonellen-senbsibel). - Salz und Mineralstoffe ergänzen
Beim Schwitzen verliert der Körper Wasser und Salze. Mineralwasser und leicht gesalzene Brühen ersetzen den Verlust. - Luftige Kleidung
Locker fallende Körperumhüllung hält die direkte Sonnenstrahlung fern und gestattet den Abtransport der Wärme. Jede Bewegung verändert den Faltenfall der Kleidung und pumpt frische Luft zur Haut. - Bewegung und nur wenig Sport
Was an normaltemperierten Tage erwünscht ist, kann bei Hitze übermäßig belasten. Sport wirkt nicht nur während der Bewegungsphase muskelaktivierend, sondern auch noch Stunden danach. Die Stoffwechselaktivität ist höher, der gesteigert Energieumsatz erzeugt zusätzliche Körperwärme. Deshalb sollte an heißen Tage nur in den frühen Morgenstunden oder am Abend Sport getrieben werden. - Die Hitze aussperren
Frühmorgens, wenn der verdunstende Tau die Luft gekühlt, ist der beste Zeitpunkt zum Lüften. Danach sollten Türen und Fenster geschlossen bleiben, zur Sonnenseite auch die Rollläden und Jalousien. - Kreislauf stabilisieren
Schnelle Abkühlung durch eiskaltes Wasser an den Handgelenken oder im Nacken zieht die Adern zusammen und stabilisiert den Kreislauf. Auch ein kaltes Fußbad kann helfen wieder einsatzfähig zu werden. Zur Kühlung des gesamten Körpers für die Wärmeableitung sind dagegen leicht gekühlte Umschläge besser geeignet. - Alkohol meiden
So lecker ein kühles Radler oder eine Weinschorle auch schmeckt, bei Hitze sind sie nicht die ideale Erfrischung. Alkohol weitet die Adern zusätzlich, der Blutdruck sackt noch weiter ab. Zudem wirkt Alkohol harntreibend, zusätzlicher Wasserverlust ist die Folge.
Quellen: Dipl.-Met. Tobias Reinartz: "36 Grad und es wird noch heißer...(?)" Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 17.07.2014
Erstellt am 17. Juli 2014
Zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2014

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