Wetter

Gesundheitsbelastung durch zunehmend schwüle Sommer

von Herbert Gmoser

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der schwülen Sommertage, so eine Untersuchung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien. Vielen Menschen ist das lästig, denn dann rinnt der Schweiß den Körper hinunter, ein unangenehmes Gefühl. Zudem häufen sich an solchen Tagen nachmittags Wärmegewitter, die oftmals ein sommerliches Frischluftvergnügen abrupt beenden. Für wetterempfindliche Menschen kann drückende Schwüle jedoch ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko bedeuten.

Der Grund für das zunehmend häufigere Auftreten schwüler Tage liegt darin, dass es wärmer geworden ist und warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Die Schwüle beeinflusst aber auch sehr stark unser Wohlbefinden. Schwüle charakterisiert eine Beeinträchtigung des menschlichen Körpers, um über die Verdunstung - sprich Schwitzen - Wärme an die Umgebung abzugeben. Bei hoher Luftfeuchte kann die Luft aber kein zusätzliches Wasser aufnehmen, der Schweiß rinnt ohne Kühlungseffekt am Körper herunter, es drohen Wärmestau (Hyperthermie) und im Extremfall ein lebensbedrohender Hitzschlag. Zudem ist für viele Menschen allein schon der Wasserverlust durch Schwitzen problematisch. Ein Gutteil des Schweißwassers wird durch Eindicken des Blutes gewonnen, dadurch wird das Blut dickflüssiger, es strömt nicht mehr so geschmeidig durch die Adern. Bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen, beispielsweise Arteriosklerose oder Koronarer Herzkrankheit (KHK), können bei zu hohem Wasserverlust Infarkte oder Embolien provoziert werden. Auch Menschen, die zu Nierensteinen neigen, sollten darauf achten bei Schwüle stets ausreichend (gefühlt bedeutet das: übermäßig) Wasser zu trinken.

Schwüle ist ein subjektives Empfinden, dafür gibt es keine physikalische (meteorologische ) Definition. Als ein möglicher Grenzwert gilt eine Absolute Luftfeuchtigkeit von 13,5 g Wasserdampf pro Kubikmeter Luft. Da die maximale Menge an Wassermolekülen in einem Kubikmeter Luft von der Temperatur abhängt, lässt sich die Mindesttemperatur für Schwüle bestimmen. Als Richtwert kann gelten, dass erst bei einer relativen Luftfeuchte von 100% und einer Lufttemperatur von 17°C (entspricht einem Dampfdruck von 18.8 hPa) Schwüle auftritt. Bei dieser vereinfachten Darstellung bleiben jedoch Einflussgrößen wie Wärmestrahlung, Luftbewegung und die körperlichen Aktivität unberücksichtigt.

Die Untersuchung der ZAMG weist darauf hin, dass in den letzten Jahren die Zahl der schwülen Tage im Sommer zugenommen hat. Seit Ende der 1990er Jahre erleben wir in Österreich fast jeden Sommer überdurchschnittlich viele schwüle Tage. In den Jahrzehnten davor war die Zahl der schwülen Tage durchgehend geringer. Auch der Juli 2014 brachte deutlich mehr schwüle Tage bezogen auf die Referenzperiode 1981-2010. Untersucht wurden die Monate Juni, Juli und August seit dem Jahr 1873 für Wien Hohe Warte. Auswertungen für andere Regionen Österreichs ergeben ein ähnliches Bild.
Für den Anstieg schwüler Tage gibt es zwei Gründe:

  • Zum einem gibt es einen Zusammenhang mit den steigenden Temperaturen der letzten Jahrzehnte; Folge der globalen Erwärmung durch den Klimawandel. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Schwüle ist eine Kombination von warmer und sehr feuchter Luft.
  • Zum anderen liegt auch eine Änderung der Großwetterlagen vor. Vermehrt sind Südwestlagen mit warmer, feuchter Luft aus dem Mittelmeerraum vorhanden. Dazu sind im weiteren noch Detailuntersuchungen erforderlich.

Die überdurchschnittlich zahlreichen schwülen Tage könnten indirekt auch eine Antwort darauf sein, dass Gewitter in den letzten Jahren häufiger geworden sind. Ein Zusammenhang mit dem Klimawandel ist nicht ausgeschlossen. Gewitter sind relativ kleinräumige Phänomene. Eine auf eine größeres Gebiet bezogene Korrelation ist nicht einfach durchzuführen. Sind mehr schwüle Tage vorhanden, dann steigt das Potential für Gewitter. Ob mehr Schwüle in Bodennähe auch wirklich mehr Gewitter bedeutet, lässt sich noch nicht beantworten. Denn bei der Entstehung von Gewittern sind auch andere Faktoren entscheidend, wie die vertikale Verteilung von Temperatur und Feuchte in der Atmosphäre. Es ist wichtig zu wissen: Einfach geführte Antworten in der Natur sind falsch. Die Natur ist bei weitem komplexer. Simple Überlegungen können nicht die letztgültige Antwort liefern.

Quellen:

Schwüle Tage werden häufiger. Pressemitteilung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), Wien vom 08.08. 2014.

Erstellt am 18. August 2014
Zuletzt aktualisiert am 18. August 2014

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