Wetter

Dynamischer Abschied für den Goldenen Oktober

von Holger Westermann

Das träge Hochdruckwetter der letzten Tage wird durch einen kräftigen Tiefausläufer beendet. Meteorologen freuen sich über den Zuwachs an Dynamik in der Atmosphäre, normale Menschen beklagen das Ende des Goldenen Oktobers 2014. Wetterempfindliche Menschen sehen schwierigen Tagen entgegen.

Tiefdruckgebiete sind die Motoren des Wetters in Mitteleuropa. Die Mehrzahl der hierzulande wirksamen Luftmassenwirbel entsteht vor Kanada oder Grönland und zieht über den Nordatlantik an Island vorbei zu den Britischen Inseln (Westdrift). Im Winter kommen einige Tiefs auch über die Biskaya und Nordfrankreich. Dagegen kann im Hochsommer ein weit nach Norden reichendes Azorenhoch die Atlantiktiefs auch auf eine Zugbahn über Skandinavien zwingen.

In einem Tiefdruckgebiet kreist die Luft entgegen dem Uhrzeigersinn um das Tiefdruckzentrum (zyklonal). Zuerst naht eine Warmfront, die vergleichsweise warme (und oftmals feuchte) Luft heranführt und kalte Luft verdrängt. Physikalisch ist das komplex, da warme Luft leichter ist als Kaltluft. Treffen beide Luftmassen aufeinander steigt die warme Luft auf, sie schiebt sich langsam über die am Boden liegende kalte Luft. Dadurch zeigen sich schon weit vor der Warmfront zarte Federwolken (Cirrus), die sich zunehmend zu Schleiern verdichten. Mit der Ankunft der Front entwickelt sich aus der Bewölkung eine konturlose graue Wolkendecke in mittlerer Höhe (Nimbostratus). Da die angehobene feuchtwarme Luft in den höheren Atmosphäreschichten abkühlt, kondensiert die Luftfeuchte immer mehr, es fällt dann oft ergiebiger Landregen.

Mit Durchzug der Warmfront unterbleibt der Nachschub an feuchtwarmer Luft, der Regen lässt nach, die Wolken lockern auf und die Temperatur steigt. Der oftmals sonnige Bereich hinter der Warmfront wird Warmsektor genannt. Danach wird es ungemütlich.

Die nun heranstürmende Kaltfront bringt kalte Luftmassen. Diese schwere Luft schiebt sich unter die Warmluft und zwingt sie zum Aufsteigen, wodurch sich hochreichende Wolken bilden (Cumulonimbus), die starken Regen oder gar Gewitter hervorbringen können.  Die Warmluft wird dabei sehr schnell verdrängt, der Wetterwechsel verläuft um einiges heftiger und schneller als bei der vorangegangenen Warmfront.

Die Kaltfront bringt zwar einen oft deutlichen Temperaturrückgang mit sich, aber auch eine Wetterbesserung. Das "Rückseitenwetter" wird von einzelnen Quellwolken bestimmt, die zumeist aber keinen Niederschlag bringen, der Wind lässt deutlich nach. Für wetterempfindliche Menschen bedeutet diese Wetterberuhigung eine spürbare Entlastung. Die raschen Temperaturwechsel während der Frontendurchgänge waren für sie oftmals eine deutliche Gesundheitsbeeinträchtigung. So freuen sich Menschen mit einer besonderen Sensibilität für Wettereinflüsse, wenn Tiefdruckgebiete altern und ihre markanten Frontensysteme einbüßen.

Da die Kaltfront schneller als die Warmfront ist, wird der Warmsektor (Abstand zwischen Warm- und Kaltfront) mit der Zeit immer kleiner. Schließlich wird die Warmfront eingeholt, eine Okklusion entsteht und der typische Frontenwechsel verschwindet. Das Tiefdruckgebiet verliert dann oft an Dynamik und schwächt sich immer weiter ab. Dank der zuverlässigen Zyklogenese vor Neufundland (Kanada), Grönland oder über Island kann sich Mitteleuropa auf steten Nachschub verlassen – gerade jetzt im Spätherbst.

Quellen:

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann: Wetterfronten - oder: Der Grund für unser wechselhaftes Wetter. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 18.10.2014

Erstellt am 29. Oktober 2014
Zuletzt aktualisiert am 29. Oktober 2014

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