Wetter
Schauriges Wetter
Schon andauernder Regen kann Unmut erregen, doch Schauer sind eine besonders garstige Form des Niederschlags. Unberechenbar in Zeitpunkt und Vehemenz ergießen sie sich zuverlässig über genau den Teil der Landschaft auf dem sich besonders viele Menschen tummeln - bei Weinfesten, Open-Air-Konzerten oder Gartenpartys. Zumindest erscheint es den Begossenen oftmals so, als konzentriere sich dabei die gesamte Regenmenge einer Wolke genau auf den eigenen Standort.
Schauer entstehen durch eine starke Aufwärtsbewegung der Luft in der labil geschichteten Atmosphäre. Diese Instabilität der Luftschichtung entsteht, wenn sich die Luft mit zunehmender Höhe stark abkühlt. Besonders günstig für das Aufkommen von Schauern ist Kaltluft, die sich von bodennahen Schichten (beispielsweise +5°C) bis in mehrere Kilometer Höhe ( -20°C) erstreckt.
Scheint nun tagsüber zunächst die Sonne, erwärmt sie zuerst den Boden und dieser wiederum die bodennahen Luftschichten. Da der Boden nicht homogen beschaffen ist, erwärmt er sich unterschiedlich stark - über Asphalt entstehen rascher Warmluftblasen als über Wald. In der vergleichsweise kalten Umgebungsluft steigen die Warmluftblasen als diskrete (nicht mit der Umgebung durchmischte) Luftpakete auf. Beim Aufstieg kühlen sich die Luftpakete pro 100 Meter Höhe um etwa 1 °C ab. Doch in der labil geschichteten Atmosphäre noch rascher wird die Umgebungsluft mit zunehmender Höhe kälter. So bleiben die Luftpakete relativ wärmer und steigen so ungehindert weiter auf. Dies geschieht mit enormer Geschwindigkeit: typischerweise um 10 m/s, bei heftigen Gewittern auch über 50 m/s.
Nun kann aber kalte Luft weniger Feuchtigkeit (in Form von Wasserdampf) aufnehmen als warme. Irgendwann hat sich die aufsteigende Luft so stark abgekühlt, dass sie mit Wasserdampf gesättigt ist. Bei weiterem Aufstieg und weiterer Abkühlung bilden sich innerhalb der Warmluftpakete Wassertröpfchen, es entstehen hoch aufragende Haufenwolken (Cumulus).
Diese Wolkentröpfchen messen lediglich 0,01 mm, fallen sie zu Boden spüren die Menschen ausfallende Feuchtigkeit oder leichten Sprühregen. Richtige Regentropfen in Schauerwolken müssen erst einmal heranwachsen. Das gelingt nicht in flüssiger Form. Treffen kleine Tropfen in der Wolke zusammen, verschmelzen sie zu größeren. Doch beim heftigen durcheinander wirbeln in den starken Aufwinden, zerfallen sie ab einer bestimmten Größe wieder. Das Größenwachstum erreicht bei flüssiger Fusion rasch sein Maximum.
Doch in den hochreichenden Wolken wird mit zunehmender Höhe irgendwann auch eine Temperatur unter 0 °C (besser -10 °C) erreicht. Unter diesen Bedingungen bilden sich statt Wassertröpfchen Eiskristalle. Diese können bei jedem herabfallen und emporschleudern in der Wolke weitere Wassermoleküle anlagern ohne auseinander zu fallen.
Mangelt es in der Wolke an Staub, dann fehlen für die Eisbildung die notwendigen Kondensationskerne. Reines Wasser kann deutlich unter 0°C abkühlen, sobald ein Staubkorn hinein fällt gefriert es blitzartig. Hat sich erst einmal ein Eiskristall gebildet, dient es selbst als Kondensationskern für die nachfolgende Eisbildung. In der Wolke trudeln Wassertröpfchen und Eiskristalle jedoch (im statistischen Mittel) in einem so großen Abstand zueinander, dass sich in einer Eiskristallwolke auch Tröpfchen aus unterkühltem Wasser (bis -10°C) tummeln.
Berühren sich Kristall und Tröpfchen, friert das Wasser am Eis fest, der Wasserdampf aus der Luft schwindet und die Eisklumpen wachsen. Sinkt die Wasserdampfkonzentration auf diese Weise, kann die Luft wieder Wasserdampf aufnehmen, die Wassertröpfchen verdunsten - und können sich nun wieder rasch an Eiskristalle anlagern. Diese wachsen so auf Kosten der Wolkentröpfchen immer weiter an, zudem können auch unterkühlte Wassertropfen direkt anfrieren. Diesen Prozess nennt man Bergeron-Findeisen-Prozess.
Ab einer bestimmten Größe sind die Eiskristalle zu schwer, um vom Aufwind in der Wolke gehalten zu werden, sie fallen zu Boden. Während des Fallens sammeln sie noch weitere Wolkentröpfchen auf, die an ihnen festfreieren. So entstehen Schneeflocken und Graupelkörner. Kurz nach Eintritt in Luftschichten mit einer Temperatur > 0°C schmelzen die Eiskristalle und große Regentropfen erreichen den Boden. In Schauerniederschlägen können die Tropfen maximal fünf bis sechs Millimeter groß sein. Bei größeren Durchmessern werden sie instabil und zerplatzen aufgrund des hohen Luftwiderstands zu mehreren einzelnen Tropfen. Wenn es auf dem Fallweg kalt genug ist, unterbleibt der Schmelzprozess, sodass der Niederschlag in fester Form (z.B. Schnee) fällt.
Schauerniederschläge sind mitunter kräftig und meist nur von kurzer Dauer, in Mitteleuropa zumeist nur einige Minuten. Ihre Ausdehnung ist lokal eng begrenzt, weshalb es kaum möglich ist, sie in Zeit, Ort und Vehemenz präzise vorherzusagen. Selbst im Niederschlagradar sind Schauer kaum zu lokalisieren; zu schnell erfolgt der Wechsel zwischen niedergehenden Schauern und Aufheiterungen, oftmals scheint bereits wieder die Sonne vom blauen Himmel, wenn gerade maximales Schauerrisiko angezeigt wird.
Quellen: M.Sc. Met. Stefan Bach: Eine schaurige Sache. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 05.09.2015
Erstellt am 18. September 2015
Zuletzt aktualisiert am 19. September 2015

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