Wetter

Wohlfühlfrost und nasskaltes Frösteln

von Holger Westermann

Der Thermomerterwert ist kein zuverlässiger Maßstab für das Kälteempfinden. Menschen reagieren nicht auf die absolute Temperatur, sondern auf den Verlust von Körperwärme. Deshalb sind auch Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit (Wind) sowie die Strahlungswärme  bei Sonnenschein relevant - wobei einige dieser Faktoren wiederum von der Lufttemperatur abhängen.

Derzeit wechselt das Winterwetter in recht regelmäßigem Rhythmus von nasskalt über schneeweiß auf frostig. Ursache sind Atlantiktiefs, die über Nord- und Mitteleuropa hinwegziehen. Dabei werden Luftmassen unterschiedlichen Ursprungs und Charakters herangeführt. In einem Tiefdruckgebiet strömt die Luft entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum. Dieses Zentrum verlagert sich bei einem Atlantiktief ostwärts (Richutung Polen) oder nordostwärts (Richtung Schweden, Finnland und Russland), selten südostwärts (Richtung Schwarzes Meer und Türkei).

So wird hierzulande im Winter an seiner Vorderseite (Ostflanke) Polarluft herangeführt, die sich während der Passage über über die Ostsee erwärmt und mit Feuchtigkeit anreichert. Dabei ist es oftmals sehr windig, denn das Tiefdruckgebiet hat noch seine volle Stärke. Wind, hohe Luftfeuchte, Temperatur knapp über 0°C - diese Kombination provoziert heftiges frösteln. Oft schneit es dabei auch noch, wenn sich die feuchte Luft über vorhandene Kaltluft schiebt und dabei in kühlere Atmosphäreschichten gehoben wird.

Rückt das Tiefdruckzentrum weiter vor, dreht der Wind auf Ost und eiskalte Festlandsluft strömt aus Russland heran. Diese Luft ist kalt, aber trocken und wird daher als weniger unangenehm empfunden. Trockene Luft isoliert gegen Wärmeverlust. Bleibt der Wind flau ist der Aufenthalt im Freien durchaus angenehm.

Hat das Zentrum den eigenen Standort passiert, dreht der Wind auf Südwest und feuchte, vergleichsweise warme Luft lässt den Therometerwert über 5°C steigen. In tiefen Lagen schmilzt der Schnee. Meteorologen sprechen von milder Witterung. Wolken lösen sich auf, weil die wärmere Luft mehr Feuchtigkeit tragen kann und die Wassertröpfchen in Wasserdampf übergehen. Die selbe Wassermenge in der Luft fühlt sich bei höherer Temperatur trockener an. Erst oberhalb von 16°C verändert sich das Empfinden, da dann der Effekt Schwüle wirksam werden kann. So enthält Luft bei 15°C maximal 13 g Wasserdampf pro m³, bei 0°C noch 5g und bei -15°C lediglich 1g. Diese Werte markieren jeweils 100% relative Luftfeuchte. Ein Wert < 100 bedeutet, dass die Luft noch Feuchte aufnehmen kann.

Kühlt die Luft ab, steigt relative Luftfeuchte, wird der Maximalwert 100% überschritten, bilden sich Wassertröpfchen oder Eiskristalle. Die Folge sind Tau oder Reif am Boden, Regen oder Schnee in den Wolken. Solch eine abrupte Abkühlung droht auf der Rückseite eines Tiefdruckgebiets (Westflanke), wenn mit Nordwest- bis Nordwind eisige Polarluft nach Mitteleuropa strömt. Die Kaltluft ist schwerer als die zuvor eingeflossene wärmere Luft, schiebt sich darunter und hebt das Warmluftpolster an. In der oberen Atmosphäreschichten ist es kühler als in Bodennähe, die relative Luftfeuchte steigt rasant und es beginnt zu schneien.

Folgen mehrere Tiefdruckgebiete aufeinander, wiederholt sich dieser Effekt, der stete Wechsel von Nasskalt - Kalt - Mild - Schneereich Kalt. Für wetterempfindliche Menschen ist das eine enorme Belastung für Wohlbefinden und Gesundheit. Die aktuellen Tiefdruckgebiete „Laszlo“ und „Michael“ zelebrieren diesen Reigen par excellence: Unter Warmlufteinstrom werden mancherorts sogar mehr als 10°C erreicht, gefolgt von 30cm Neuschnee. Danach drohen Glatteis und empfindlicher Frost.

Quellen:

Dipl.-Met. Tobias Reinartz: Draußen kalt, drinnen warm, Fenster nass… . Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 22.01.2019

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Tief "Laszlo" beendet den ruhigen und kalten Winterblues! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 24.01.2019


Dipl.-Met. Marco Manitta: Im Tiefland nasskalt, im Bergland winterlich. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 27.01.2019

Erstellt am 27. Januar 2019
Zuletzt aktualisiert am 27. Januar 2019

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