Wetter

Ganz normaler Herbst in Mitteleuropa

von Holger Westermann

Über Europa etabliert sich derzeit eine ausgeprägte Westlage: Vom Atlantik her ziehen in lockerer Folge mächtige Tiefdruckgebiete heran. An deren Vorderseite strömt mit der Warmfront immer wieder trockenwarm Luft aus Südwesten heran, dazu regnet es aus dunstig grauem Himmel. Nach einer kurzzeitigen sonnigwarmen Zwischenphase zieht die Kaltfront mit kräftiger Wolkenbildung und intensivem Regen heran, die Temperatur geht dann deutlich zurück. Dabei wird es mit jedem Tief es ein wenig kühler.

Die zyklonale Westlage, der Reigen von aus Westen heranziehenden Atlantiktiefs (Zyklone, Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum) mit kurzzeitigem Zwischenhocheinfluss, ist die charakteristische Wetterlage für den Herbst in Mitteleuropa. Die Hochdruckgebiete bilden sich zumeist über den Azoren, reichen aber bei weitem nicht mehr so weit nordwestwärts wie während des Sommers. Dennoch bremsen sie die Tiefs ab und lenken sie um. Je kräftiger das Hoch, um so größer die Veränderung der Zugbahn des Tiefdruckgebiets. Bei schwachem Hochdruck ziehen die Atlantiktiefs ungebremst auf Mitteleuropa zu. Sie treffen zwischen Biskaya und Irland „auf Land“.

Liegen die relevanten Druckgebilde relativ weit nördlich, dann überwiegt in Mitteleuropa der Einfluss des Azorenhochs und man spricht von einer "antizyklonalen" (also hochdruckgeprägten) Westlage, bei der nur wenig oder kein Niederschlag zu erwarten ist. Sind die Druckgebilde weiter südlich verortet, können hingegen häufiger Frontensysteme bis nach Deutschland vordringen. Das Wetter gestaltet sich dadurch eher wechselhaft und man spricht von einer "zyklonalen" (also tiefdruckgeprägten) Westlage.

Derzeit dominiert der zyklonale Wettercharakter. Es wird kräftig und anhaltend regnen, mancherorts treten auch Gewitter auf. Dabei ist es empfindlich kühl. Die Lufttemperatur erreicht als Maximum lediglich gut 15°C, durch Wind und Regen ohne Sonnenschein wird die gefühlte Temperatur deutlich kälter empfunden. Die noch recht unsicheren mittelfristigen Vorhersagen prophezeien jedoch einen Wechsel zum antizyklonlaen Charakter mit Sonnenschein und mehr als 20°C Lufttemperatur - in den kommenden vier bis fünf Tagen. Danach wird das Pendel wieder in Richtung „zyklonal“ mit regenreicher Kälte zurückschwingen. Ein ganz normaler Herbst in Mitteleuropa.

Ganz weit im Norden, in Nordnorwegen wechselt das Wetter bereits in den Wintermodus. Dort schwindet der lichte Tag bereits rasant um täglich 9 Minuten, in einer Woche um eine ganze Stunde. Da bleibt der tiefstehenden Sonne kaum noch Zeit zu wärmen, selbst wenn der Himmel wolkenlos ist. Auch hierzulande wird die Nacht von Tag zu Tag rund 4 Minuten länger. Es beginnt die Zeit der Mittagsspaziergänge, um unter der Woche überhaupt noch Tageslicht zu erhaschen. Für die körperliche und psychische Gesundheit ist das eine wertvolle Übung.

Quellen:

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe): Die zyklonale Westlage kommt! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 07.10.2019

Dipl.-Met. Martin Jonas: Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit dem aktuellen Wetter in Europa. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 08.10.2019

Erstellt am 8. Oktober 2019
Zuletzt aktualisiert am 8. Oktober 2019

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Gesundheitsrisiko Temperatursturz im April

Nach einer rekordverdächtigen Warmwetterphase von Februar bis Mitte April, ist jetzt das kühle wechselhafte April-Wetter mit Wind, Regen und vereinzelt auch Schneefall zurück. Der Temperatursturz um 15 bis 20°C ist an sich schon ein Gesundheitsrisiko, doch die physiologische und psychologischen Herausforderungen sind diesmal besonders drastisch. weiterlesen...


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...


Auf Rosen gebettet lernt es sich leichter

Gerüche können Kreativität und Lernerfolg verbessern. Freiburger Forscher haben nun untersucht, was genau der betörende Rosenduft bewirkt und in welcher Dosis er das Lernen erleichtert. weiterlesen...