Wetter

Verlässliche Unbeständigkeit

von Holger Westermann

Eine stabile Hochdruckwetterlage mit „Sonnenschein von Juni bis September“, wie sie der Sänger Rudi Carell im Schlager „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ explizit fordert, ist derzeit für Mitteleuropa nicht zu erwarten. Heuer (in diesem Jahr) dominiert hierzuland unbeständiges und mäßig warmes Wetter, garniert mit Gewittern und Sturmböen und Starkregenschauern.

Hitze kennt man lediglich im Südosten Österreichs, ansonsten ist der Sommer 2021 von stürmisch-dynamischem aber weitgehend feucht-unterkühltem Charakter. Jetzt, zu Beginn der Feriensaison, wäre etwas beständigeres und freundlicheres Wetter sicherlich angenehm. Doch ein stabiles Sommerhoch lässt sich aktuell auch mit meteorologischem Optimismus nicht prognostizieren. Dazu ist der sich zeitweise vom Azorenhoch ostwärts ausdehnende hohe Luftdruck meist zu schwach. Es mangelt an der atmosphärischen Unterstützung „von oben“, aus der Luftmassentemperatur in 1.500 bis 5.000m Höhe. Dort herrscht viel Bewegung, sodass die vertikalen Umlagerungen immer wieder Schauer und Gewitter provozieren.

Die Ruhephase nach Abzug der Tiefs währt immer nur kurz, denn in der Höhe wirbelt sofort ein Höhentief die Luftmassen durcheinander und es bilden sich wieder Schauer und Gewitter mit Unwetterpotential. Dabei ziehen die Fronten sehr langsam und fluten mancherorts die Landschaft mit mehrstündigem Starkregen. Vorübergehend kann sich das Wetter auch beruhigen und für ein oder zwei Tage wechselnde Bewölkung oder sogar Sonnenschein bringen. Dann spürt man sofort die Kraft der Julisonne, die Temperatur steigt spürbar an und durch die Erwärmung des feuchten Bodens nimmt auch die Luftfeuchte zu - oft wird es schwül. Im Sonnenschein fühlen sich die 25 bis 28°C dann rasch sehr warm an, zumal man heuer sommerlich Wärme noch nicht gewohnt ist.

Vor ganz anderen Wetterproblemen stehen Menschen, die jetzt aus unserem eher unterkühlten Sommer gen Süden reisen. Insbesondere Spanien aber in summa die gesamte Mittelmeerregion erwarten eine exorbitante Hitzewelle. Für die iberische Halbinsel sind Tagesmaxima über 45°C vorhergesagt. Der Temperaturkontrast zwischen Mitteleuropa und Südeuropa ist dann enorm und bedeutet für Gesundheit und Wohlbefinden eine relevante womöglich risikoreiche Herausforderung.

Gerade Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen sollten besonders sensibel auf Signale des Körpers achten. Die größte Gefahr besteht darin zu wenig zu trinken, so dass der Wasserverlust durch Schwitzen nicht ausgeglichen werden kann. Das größte Wasserreservoir des Körpers ist das Blut, es wird dann dickflüssig und strömt nicht mehr so geschmeidig durch die Adern; das Infarktrisiko steigt. Auf der anderen Seite können blutdrucksenkende Medikamente Probleme bewirken, denn bei Hitze weiten sich die Adern und der Blutdruck sinkt ohnehin schon. Addieren sich die Wirkung von Medikamenten und Hitze, fällt der Blutdruck sehr stark. Muskelspannung und Konzentrationsfähigkeit schwinden, Schwindel und das Risiko zu stürzen steigen. Die Gefahr durch solche Unfälle zu schaden zu kommen wird oftmals unterschätzt. Besonders drastische Temperaturwechsel, wie sie bei Ankunft am Urlaubsort unvermeidlich sind, fordern die körperliche und die mentale Anpassungsfähigkeit maximal. Je größer diese Belastung ist - oder empfunden wird - um so sensibler sind die Reaktionen auf weitere Reize wie Alkohol und negativer Stress (Disstress). Den positiven Stress (Eustress) des entspannten Urlaubsgefühls kann man auch bei Hitze risikofrei genießen.

Und hierzulande wird das Hitzerisiko ohnehin gering bleiben - vorerst jedenfalls.

Quellen:

Dipl.-Met. Simon Trippler: Wie wird der Sommer? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 05.07.2021

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Der beständig unbeständige Sommer 2021 bleibt Deutschland erhalten. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 06.07.2021

Erstellt am 6. Juli 2021
Zuletzt aktualisiert am 6. Juli 2021

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