Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Erste Ergebnisse der Fibromyalgie-Studie veröffentlicht

von Holger Westermann

Drei von vier Menschen mit diagnostiziertem Fibromyalgie Syndrom (FMS) beklagen einen Wettereinfluss auf die Schmerzintensität. Bekannt ist die Regulation der Serotoninsynthese durch das Sonnenlicht. Serotonin steuert u.a. die Schmerzwahrnehmung und die Stressverarbeitung. Bei trister Witterung sinkt der Serotonin-Spiegel und damit steigt die Neigung zu Depressionen, wodurch letztendlich FMS-Schmerzen auftreten oder sich verstärken können.

So spüren viele FMS-Patienten im Herbst eine Verstärkung ihrer Beschwerden, die mit Schwankungen bis zum Mai anhält. Mit der aktuellen Studie soll untersucht werden, bei welchen Wetterlagen oder Wetterveränderungen FMS-Patienten über eine zusätzliche Belastung berichten und ob dabei eine Parallelität zu den Biowetter-Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für Schmerzsensibilität, Muskelverkrampfungen, Rheuma, Neigung zu depressiver Stimmung oder Schlafstörungen feststellbar ist.

Seit August 2012 wurden 226 Protokolle von Patienten (Durchschnittsalter 51,1) mit diagnostiziertem FMS (Angabe der Patienten) angelegt, darunter 200 Frauen (51,6), 26 Männer (47,6). In die Auswertung für die aktuelle Studie wurden 19 Protokolle mit mehr als 30 Einträgen (15 Frauen, 4 Männer, Durchschnittsalter 48,9) einbezogen. Berücksichtigt wurde alle Einträge bis zum 28. Februar 2013, also ausschließlich im Herbst und Winter.

Die Auswertung zeigt keine besondere Parallelität der FMS-Beschwerden mit den DWD-Prognosen für eine der ausgewählten Erkrankungen. Vielmehr zeigte sich ein uneinheitliches Muster, wobei Rheuma, Schmerzsensibilität und Neigung zu depressiver Stimmung oft gemeinsam korrelierten. Das ist insofern nicht erstaunlich, als dass auch die Prognosen für die typischen Wetterlagen im Winter sehr ähnlich sind. Im Sommer verstärken sich jedoch rheumatische Beschwerden, da generalisierte entzündliche Prozesse durch Wärme angeregt werden. Die allgemeine Schmerzsensibilität wird ebenfalls angeregt, da bei hoher Temperatur Adern und Gewebe anschwellen und damit Druck auf die Nerven ausüben. Die Neigung zu depressiver Stimmung sollte dagegen über den Sommer bis in den Herbst hinein zurück gehen.

So erwarten wir für die weitere Auswertung der FMS-Studie, die Menschenswetter gemeinsam mit dem DWD und der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung e.V. (DFV) sowie den Partnerärzten Dr. Lacour (Lahr) und Dr. Menzebach (Bad Friedrichshall) durchführt, Ergebnisse, die eine differenzierte Korrelation zu Schmerzsensibilität, Muskelverkrampfungen, Rheuma, Neigung zu depressiver Stimmung oder Schlafstörungen zeigen.

Dazu benötigen wir unbedingt noch weitere Unterstützung durch bereits engagierte und durch neu begeisterte FMS-Patienten. Im Idealfall umfassen die Protokolle mit zumindest 80 Einträgen ein komplettes Jahr (einen 12-Monate-Witterungszyklus). Sehr wichtig für eine aussagekräftige Analyse, die es uns mittelfristig ermöglicht für Menschen mit FMS eine Biowetter-Prognose zu erstellen, sind Protokolleinträge wenn sich die Beschwerden „im Vergleich zu gestern“ gebessert haben, wenn das Wetter also einen positiven Effekt hatte. Bisher werden die Protokolle vorrangig geführt, wenn eine Verschlechterung der Beschwerden oder des allgemeinen Befindens aufgetreten ist. Das führt zu einer einseitig schiefen Datenlage, die eine umfassende Analyse erschwert.

Unterstützen Sie unser Projekt weiterhin mit Ihren regelmäßigen Protokolleinträgen für FMS. Begeistern Sie andere sich unserem Projekt anzuschließen, damit wir noch mehr als die oben genannten 226 Protokolle als Datengrundlage auswerten können.

 

Download des Posters als pdf-Datei

Quellen:

Westermann, H. et al. (2013): Wetterfühligkeit beim Fibromyalgiesyndrom (FMS). Postersession Somatoforme Störungen 2 unter Vorsitz von Prof. Dr. Hans-Christian Deter, Charité Berlin, Vorsitzender des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (DKPM) auf dem Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom 6. bis 9. März 2013 in Heidelberg: PO 159.

Erstellt am 11. März 2013
Zuletzt aktualisiert am 11. März 2013

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