Wetter

Notburga brachte den Frühling, wer erdachte sich diesen seltsamen Namen?

von Holger Westermann

Seit 1954 werden die Namen von Hochdruckgebieten wie Notburga und Tiefdruckgebieten, die über Mitteleuropa hinweg ziehen vom Institut für Meteorologie der Freien Universität in Berlin vergeben. In den ersten Jahren waren Hochs stets männlich und die dynamischen Tiefs mit der Kraft zum Wetterwechsel weiblich. Diese Praxis führte zu Protesten von Frauenverbänden, da mit Hochdruckgebieten meist schönes Wetter verbunden ist. Seit 1998 wechseln daher die Hoch- und Tiefdruckgebiete im jährlichen Turnus ihr Geschlecht. In ungeraden Jahren (wie 2013) tragen die Hochdruckgebiete weibliche Vornamen, in geraden Jahren männliche.

Im November des Jahres 2002 wurde die Aktion "Wetterpate" ins Leben gerufen. Seit dieser Zeit kann man die Patenschaft an einem Tief- oder Hochdruckgebiet erwerben. Die Patenschaft für ein kurzlebiges Tiefdruckgebiet ist dabei etwas preiswerter (derzeit € 199,-) als für ein Hochdruckgebiet (derzeit € 299,-). Dafür erhält der Wetterpate das Recht einen standesamtlich anerkannten Vornamen zu vergeben, der allerdings keine Umlaute enthalten darf. Die deutschen Bezeichnungen werden von vielen europäischen Wetterdiensten übernommen und müssen zudem uneingeschränkt internettauglich sein. Der Wetterpate erhält zudem ausführliches Informationsmaterial zu seinem Patenkind, wie Wetterkarten und eine Dokumentation der Lebensgeschichte des Druckgebildes. Das so eingenommene Geld kommt der Fortführung der vollständigen Klimabeobachtung und der studentischen Wetterbeobachtung am Institut für Meteorologie der FU Berlin (Station Berlin-Dahlem) zugute.

Wer sich als Wetterpate bewirbt soll sich nicht grämen, wenn keine Hochdruckpatenschaft mehr zur Verfügung steht. Diese sind seltener und durchlaufen das Alphabet im Jahr meist nur zweimal, Tiefdruckgebiete durchstreifen die Buchstabenreihe dagegen bis zu fünfmal pro Jahr. Und es sind zumeist die Tiefdruckgebiete, die zum Sturmtief gereift, in den Medien beim Namen genannt und von den Menschen noch lange erinnert werden.

Wer war nun Notburga? Eine sehr populäre Volksheilige, bekannt als Notburga in Eben oder Notburga von Rattenberg. Es fehlt die Heiligsprechung durch den Vatikan, doch am 27. März 1862 wurde ihre Verehrung offiziell gebilligt, eine Art Heiligsprechung zweiter Klasse. Sie wurde wahrscheinlich 1265 als Tochter eines Hutmachers in der Stadt Rattenberg (damals Bayern, Deutschland) geboren und lebte zunächst als höfische Dienstmagd auf Schloss Rottenburg, bei Jenbach (Tirol, Österreich), später als Bauernmagd in Eben (Tirol, Österreich). Ihren Lebensabend verbrachte sie offensichtlich auf der Rottenburg, bestattet wurde sie in Eben.

Zeitlebens bemühte sich Notburga um die Armen, die Behinderten und die unheilbar Kranken. Sie brachte ihnen Brot und Wein (das war damals deutlich gesünder als das oft keimbelastete Wasser). Als ihr die Weitergabe überschüssiger Lebensmittel aus dem Haushalt von Schloss Rottenburg untersagt wurde, legte sie Fastentage ein um die so eingesparten Lebensmittel weitergeben zu können. Als Bauernmagd in Eben setzte sie sich für das Einhalten der Arbeitszeit ein, um die körperliche Auszehrung und dem Ruin der Gesundheit vorzubeugen.

An die konsequente Einhaltung von Arbeitszeiten, natürlich nicht um den Müßiggang der Freizeit zu frönen, sondern um rechtzeitig zum Gottesdienst zu kommen, knüpft auch die für Heilige notwendige Wunderlegende an, das Sichel-Wunder. Schon zu Notburgas Zeiten drohten zur Erntezeit am Nachmittag Gewitter mit Sturm und Regen. In einer solchen ertragsbedrohlichen Situation verlangte der Bauer von seinen Knechten und Mägden, darunter Notburga, nicht eher zu ruhen, als dass die Ernte komplett eingefahren sei. Beim ersten Glockengeläut, das zum Gottesdienst rief, legte Notburga wie immer die Arbeit nieder. Der Bauer verlangte die Weiterarbeit und damit den Verzicht auf den Gottesdienst. Der Legende nach warf daraufhin Notburga ihre Sichel in den Himmel, wo diese an einem Sonnenstrahl hängen blieb. Der Bauer erschrak und ließ Notburga gehen. Ob das heranziehende Gewitter, wie vom Bauer befürchtet, den Ernteertrag schmälerte ist dagegen nicht überliefert.

Quellen:

M.Sc. Met. Stefan Bach: Ein seltener Name, der für einen Hauch von Sommer sorgte. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 17.04.2013

Erstellt am 18. April 2013
Zuletzt aktualisiert am 18. April 2013

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