Morgens und abends Sonnenbaden, mittags besser Schattenbaden

Sonnenschein senkt den Blutdruck und stärkt das Herz

von Holger Westermann

Der Blutdruck ist bei den meisten Menschen im Sommer niedriger als im Winter. Bei Gesunden ist das kein gravierende Problem, sie sind nur in der dunklen Jahreszeit weniger agil als bei Sonne und Wärme. Doch Menschen, die unter zu hohem Blutdruck (Hypertonie) leiden, müssen diesen Effekt bei ihrer Lebensführung und Therapie berücksichtigen. Im Frühling können bei winterlich eingestellten Patienten Phasen von zu niedrigem Blutdruck auftreten. Bislang ging man davon aus, dass allein der Temperaturwechsel dafür verantwortlich sei. Doch eine aktuelle Studie hat nun den Sonnenschein selbst als wichtigen Faktor für die sommerliche Blutdrucksenkung erkannt.

Offensichtlich wurde der positive Effekt des Sonnenlichts, insbesondere der UV-Strahlung für Blutdruck, Herz und Kreislauf zu wenig beachtet. Für ihre Studie simulierten die Forscher um Prof. Dr. Richard Weller an der schottischen Universität Edinburgh das Sonnenbad unter Laborbedingungen. 24 Freiwillige erhielten täglich 20 Minuten Bestrahlung, zunächst mit UV-Licht (ultraviolett, kurzwellig, energiereich) anschließend mit einer IR-Lampe (infrarot, langwellig, Wärme). Bei einigen Versuchsteilnehmern wurden die nicht direkt spürbare UV-Strahlen herausgefiltert, die Sitzung mit Strahlungswärme aber unverändert beibehalten.

Wie zu erwarten wurde die Haut nur unter dem Einfluss des UV-Lichts zur Bildung von Vitamin-D angeregt, Wärme allein genügt dazu nicht. Um den Effekt zu messen wurde vor und nach jeder Bestrahlungssitzung der Blutdruck sowie der Vitamin-D-Spiegel der Teilnehmer bestimmt. Nur nach einer UV-Bestrahlung sank der Blutdruck für eine Stunde lang nachweislich, die Wärmestrahlung allein hatte dagegen keine Auswirkung auf den Blutdruck. Der Vitamin-D-Spiegel zeigte dagegen keine kurzfristige Reaktion, mit UV erfolgte die Synthese in der Haut ohne UV unterbleib sie. Aber nach den ersten Sitzungen blieb auch innerhalb der UV-Gruppe der Vitamin-D-Spiegel weitgehend unverändert. Somit konnte die unmittelbare Reaktion des Blutdrucks auf die UV-Bestrahlung, die nur rund 60 Minuten anhielt, nicht über die Vitamin-D-Bildung erklärt werden.

Die Wissenschaftler richteten ihre Aufmerksamkeit nun darauf, dass unter dem Einfluss von Sonnenlicht in der Haut auch vermehrt Stickstoffmonoxyd (NO, Stickoxid mit zweiwertigem Stickstoff) gebildet wird. Stickstoffmonoxid erweitert die Blutgefäße, der Blutdruck sinkt. Dieser positive Effekt für Herz und Kreislauf ist auch dann noch wirksam, wenn die Strahlungswärme der Sonne (Im Experiment simuliert durch die IR-Strahlung) bereits abgeklungen ist. So senkt das Sonnenlicht den Blutdruck nachhaltiger als die Sonnenwärme.

Die Forscher sind sich sogar sicher, dass die Vorteile der Sonnenstrahlung für die Herzgesundheit die Risiken, beispielsweise für Hautalterung und Hautkrebs, überwiegen. Sie gehen davon aus, dass deutlich mehr Menschen vom regelmäßigen Sonnenbaden profitieren (Lebensjahre retten), als dass sie mit negativen Folgen rechnen müssen (Lebensjahre riskieren). "Wir glauben, dass der Nutzen der Sonne für die Herzgesundheit das Risiko für Hautkrebs überwiegt", sagte Studienleiter Weller. "Unsere Arbeit erklärt auch, warum Vitamin-D-Tabletten alleine das Sonnenlicht nicht ersetzen können."

Das ist nun sicherlich kein Freibrief für ungehemmtes Bräunen in der Mittagssonne. Doch das wohldosierte Sonnenbad am Nachmittag, bei dem für eine halbe Stunde große Teile der Körperoberfläche dem Sonnenlicht präsentiert werden, kann offensichtlich den Blutdruck senken und so die Gesundheit von Menschen mit Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessern.

Quellen:

Liu, D. et al.  (2013): UVA lowers blood pressure and vasodilates the systemic arterial vasculature by mobilisation of cutaneous nitric oxide stores International Investigative Dermatology, the 6th Joint Meeting of the European Society for Dermatological Research (ESDR) and the Japanese Society for Investigative Dermatology (JSID) vom 8. – 11. Mai 2013 in Edinburgh, Schottland, Vortrag 1247.

Pressemitteilung zum Vortrag

Erstellt am 13. Mai 2013
Zuletzt aktualisiert am 13. Mai 2013

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Zwischenfrühling

Sonnenschein, Wärme an langen lichten Tage dieser Frühlingsdreiklang lockt hierzulande in den kommenden Tagen ins Freie. Das nasskalte Wetter weicht angenehmer Witterung. Für die Mehrzahl wetterempfindlicher Menschen eine Wohltat - leider wird auch der Pollenflug stimuliert. weiterlesen...


Beschleunigte Alterung der Gehirne erwachsener Frauen nach traumatiesierender Erfahrung in der Kindheit

Erleiden Mädchen emotionale, sexuelle oder physische Gewalt, müssen sie als Frauen mit einem höheren Risiko für Depressionen, Angststörungen, Fibromyalgie, Herzkreislauf - und Stoffwechselerkrankungen leben. Forscher der Charité Berlin haben nun einen weiteren neurologischen Effekt erkannt. weiterlesen...


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...