Wetter

Mit der Hitze kommt die Schwüle

von Holger Westermann

Im Hochsommer, aber auch während frühsommerlicher Hitzewellen, steigt das Temperaturmaximum am Thermometer über 30°C. Mit steigender Temperatur kann die Luft immer mehr Feuchtigkeit aufnehmen. An Flüssen und Seen, aber auch bei feuchtem Boden, sättigt sich die Luft optimal mit Wasser. Wetterempfindliche Menschen reagieren sensibel auf die ansteigenden Luftfeuchte, sie leiden körperlich unter der Schwüle. Die gefühlte Temperatur steigt dabei deutlich stärker an als der Themometerwert. Denn bei schwülem Wetter verdunstet kaum noch Schweiß auf der Haut, er rinnt wirkungslos herab und kühlt den Körper nicht mehr. Im Extremfall kann dies zur Überhitzung und letztendlich zu einem Hitzschlag führen.

Der große Einfluss der Luftfeuchte auf die physiologische Wirkung der Lufttemperatur lässt sich an zwei physikalischen Werten für den Wassergehalt der Luft ablesen, die absolute und die relative Luftfeuchte. Die absolute Luftfeuchte gibt an, wieviel Wasser in der Luft enthalten ist (in Gramm Wasserdampf pro Kubikmeter Luft, g/m3). Die relative Luftfeuchte berücksichtigt, dass warme Luft mehr Wasser aufnehmen kann als kühlere. Sie gibt an, wieviel Wasser tatsächlich in der Luft enthalten ist, im Verhältnis zur bei der aktuellen Temperatur maximal möglichen Menge (Angabe in Prozent, %).

Schwüleempfinden tritt auf, wenn die absolute Luftfeuchte 13,5 g/m3 übersteigt. Möglich ist dies bei 100% relativer Luftfeuchte und einer Temperatur von 16°C. Ist es kühler, kann die Luft nicht hinreichend viel Wasser aufnehmen. Erst ab einer Lufttemperatur von 16°C kann es schwül werden. Doch je höher die Temperatur steigt, um so geringer kann die relative Luftfeuchte sein und dennoch wird der Grenzwert von 13,5 g/m3 absoluter Luftfeuchte erreicht oder gar überschritten. Je höher die absolute Luftfeuchte steigt, um so drückender wird die Schwüle empfunden.

So sind bei 20°C die 13,5 g/m3 absolute Luftfeuchte bereits ab einer relativen Feuchtigkeit von etwa 80 % erreicht, bei 25°C reichen 60 %, bei 30°C genügen 44 % und bei 35°C sogar schon 34 %.

Um zu bestimmen, wie drückend die Schwüle ausfällt, nutzen Meteorologen das Modell des Taupunktes. Der Taupunkt ist die Temperatur, bei der die relative Feuchtigkeit 100 % beträgt. So muss eine warme und trockene Luftmasse sehr stark heruntergekühlt werden, um auf 100% Luftfeuchte zu kommen. Bei einer feuchtwarmen Luft ist sehr viel weniger Abkühlung notwendig, um die 100% relative Luftfeuchte zu erreichen. Deshalb zeigt eine hohe Taupunktstemperatur das Zusammenspiel von Ausgangstemperatur und Luftfeuchtigkeit an. Ab einer Taupunktstemperatur von 16°C ist Schwüle zu erwarten, darüber wir es zunehmend drückend, oberhalb von etwa 20°C geben der Deutsche Wetterdienst (DWD) und die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) eine Hitzewarnung heraus.

In der ab Montag (17.06.2013) beginnenden Hitzewelle werden verbreitet Taupunkte von 16 bis 20°C erreicht, nach einigen Wettermodellen können sie gebietsweise auf 20 bis 25°C steigen. Für wetterempfindliche Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen bedeutet dies eine starke bis extreme Wärmebelastung. Berufstätige müssen mit einer stark reduzierten Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit leben. In den Nächten sinkt die Temperatur nicht unter 20°C, Meteorologen sprechen von Tropennächten. Dadurch sinkt die Schlafqualität, das Ein- und Durchschlafen gelingt nicht mehr zuverlässig. Zum einen führt die wetterbedingte Trägheit am Tag zu geringerem Schlafbedürfnis in der Nacht, zum anderen verhindert die hohe Nachttemperatur das Absenken der Körpertemperatur vor dem Einschlafen. Der schlechte Schlaf verstärkt die unangenehmen Symptome der körperlichen wie geistigen Trägheit während einer Hitzewelle.

Wie kann man sich vor den Folgen von Hitze und Schwüle schützen?

Maßnahmen, die den physiologischen Folgen von Hitze und Schwüle entgegen wirken, konzentrieren sich auf eine Verbesserung der Thermoregulation. Luftige Kleidung, die aber entgegen der landläufigen Meinung und Mode eher körperverhüllend als –präsentierend geschnitten sein sollte. Wer der Sonne viel Haut darbietet nimmt auch besonders viel Stahlungsenergie auf. Damit steigt nicht nur das Risiko anhaltender Hautschädigung (im Extremfall auch Hautkrebs), sondern auch die Wärmeaufnahme. Der Effekt ist mit positivem Vorzeichen aus dem Winter bekannt, wenn selbst bei Frost ein Sonnenbad möglich ist, weil die direkte Strahlung hinreichend wärmt. Luftig, locker und nicht körpernah geschnitten, sollte die Kleidung sein, damit der Wind die Chance hat Körperwärme wegzublasen.

Rinnt bei Schwüle der Schweiß den Körper herab, kühlt er nicht mehr. Die Luft kann offensichtlich keine weitere Feuchtigkeit aufnehmen, auf der Haut verdunstet keine Flüssigkeit mehr. Ideal wäre jetzt die Ganzkörperkühlung in einer Umgebung, die nahezu unbegrenzt Körperwärme ableiten kann – ab ins Wasser. Dabei ist es physiologisch gleichgültig, ob es sich dabei um ein Schwimmbad, das Meer oder die heimische Badewanne handelt. Als kleine Lösung bieten sich auch ein Fußbad oder kühlende Umschläge an. Nur zu kalt sollte das Wasser nicht sein, ansonsten heizt der Körper dagegen an. Das ist sicherlich nicht der gewünschte Effekt.

Das gilt auch für Getränke. Wer Eiskaltes zu sich nimmt, spürt im temperatursensiblen Mundraum einen erfrischenden Effekt. Doch sobald das Kaltgetränk im Magen ruht, wird es auf Körpertemperatur erwärmt, dazu heizt der Organismus erst einmal zusätzlich ein. Gerade für wetterempfindliche Menschen, oder Menschen mit Kreislaufproblemen kann dies ein vermeidbarer Risikofaktor sein. Besser sind sicherlich warme, nicht heiße, Früchte- oder Kräutertees (Pfefferminze hat zudem einen erfrischenden Geschmack). Insgesamt sollte möglichst viel getrunken werden, alkoholische Getränke sind nicht zu empfehlen. Alkohol belastet den Kreislauf zusätzlich, zudem ist die berauschende Wirkung in einem dehydrierten (mit Wasser unterversorgten) Körper stärker als gewöhnlich.

Die Ernährung stellen die meisten Menschen ganz automatisch um. Den wenigsten gelüstet bei tropischer Schwüle nach deftiger Kost. Fette und Alkohol belasten die Leber, das Organ mit der höchsten Wärmeproduktion im Körper. Gemüse, Salate und Obst verlangen dagegen der Verdauung keine Höchstleistungen ab. Doch birgt eine rein vegetarische Ernährung für Ungeübte das Risiko zu wenig Salz zu verwenden. Gerade bei Schwüle verliert der Körper über den nutzlos vergossenen Schweiß nicht nur Wasser sondern auch Mineralien, insbesondere Kochsalz. Für gewöhnlich enthält die Kost eines Mitteleuropäers mehr als genug Salz, bei intensivem Schwitzen sollte aber auf eine hinreichende Nachlieferung geachtet werden. Doch zumeist reagieren gesunde Menschen auf einen physiologischen Mangel mit einem besonderen Appetit auf Salziges.

Im Auto ist die Wärmebelastung besonders hoch. Schnell steigt die Temperatur über 40°C, bei direkter Sonneneinstrahlung sind auch deutlich höhere Werte möglich. Dazu trägt insbesondere die moderne windschlüpfrige Bauart mit stark geneigter Frontscheibe bei. Sie ist ein sehr effektiver Fänger für Strahlungsenergie. Auch wenn der „Schattenparker“ als bequem und wenig belastungsfähig in Verruf geraten ist, er ist in erster Linie klug. Selbst für gesunde Menschen ist der Einstieg in ein überhitztes Fahrzeug ein Klimaschock. Für wetterempfindliche Menschen ist es eine ernstes Gesundheitsrisiko. Wer vor Fahrtantritt alle Fenster öffnet, lässt die aufgeheizte Luft entweichen. Da diese die selbe absolute Luftfeuchte enthält wie die Umgebungsluft ist sie deutlich schwüler und belastet die Gesundheit stärker. Den umgekehrten Effekt erleben Autofahrer, deren PKW die Innenraumtemperatur über eine Klimaanlage regelt. Klimaanlagen entfeuchten die Luft, der Taupunkt sinkt, die Schwüle nimmt ab, die Lufttemperatur wird als vergleichsweise niedrig empfunden. Sobald die Wagentür geöffnet wird, schlägt die drückende Schwüle entgegen – auch wenn sich die Aussentemperatur von der im Wageninnern nur wenig unterschieden.

Quellen:

Dipl.-Met. Simon Trippler: Hitze - und Schwüle! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 15.06.2013

Dipl.-Met. Simon Trippler: Mittel gegen Hitze. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 16.06.2013

Erstellt am 16. Juni 2013
Zuletzt aktualisiert am 18. Juni 2013

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