Zu wenig Schlaf wirkt wie eine Hirnverletzung

Schlafmangel schädigt das Gehirn

von Holger Westermann

Schlafmangel macht die Menschen müde, unkonzentriert, reizbar und verführt zu unkontrollierter Kalorienaufnahme. Hält der Zustand länger an können schwerwiegende Erkrankungen auftreten, wie Depression, Bluthochdruck und Diabetes. Eine aktuelle Studie liefert nun Hinweise, dass dauerhafter Schlafmangel auch die Struktur des Gehirns nachhaltig verändert.

Aufgefallen war den Forschern der Universität in Uppsala (Schweden) und London (Großbritannien), dass im Blut der 15 Versuchsteilnehmer schon nach einer durchwachten Nacht die Konzentration von zwei Eiweißstoffen (Proteine) erhöht waren, die normalerweise während des Schlafs sinken. Die beiden Proteine (Neuronenspezifischen Enolase, NSE und S-100B) werden normalerweise von Neurologen genutzt, um die Gewebeschädigung nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma abzuschätzen. Ihre Konzentration gilt als Maß für das Ausmaß der Infarkte im Gehirn.

Im Laufe der durchschlafenen Nacht sinkt die Konzentration der Proteine um 10% und der Energieumsatz des Gehirns um 30% gegenüber dem Niveau während der Tagesaktivität. Das ist nicht erstaunlich, denn im Schlaf müssen kaum Muskeln gesteuert und Sinneseindrücke verarbeitet werden. Auch die kognitive Aktivität ist über weite Strecken (abgesehen von REM-Phasen, rapid eye movement) stark reduziert. Bei geringer Gehirntätigkeit sinkt auch die Freisetzung der Infarkt-Proteine. In einer schlaflosen Nacht steigt deren Konzentration dagegen um 10%. Die Forscher vermuten, dass sie sich während der ununterbrochenen Hirnaktivität unablässig schädliche Stoffwechselprodukte im Gewebe ansammeln, die das Absterben von Gehirnzellen begünstigen. Dabei würden die Infarkt-Proteine ins Blut gelangen.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Schlafmangel neurodegenerative Prozesse (Zerstörung von Hirnzellen) fördert“, erläutern die Autoren der Studie. Unterbleibt die im Schlaf übliche Reduktion des Energieumsatzes im Gehirn, kann sich das Gehirn nicht mehr hinreichend von Schadstoffen befreien und es sterben vermehrt Hirnzellen ab.

Quellen:

Benedict, C. et al. (2014): Acute Sleep Deprivation Increases Serum Levels of Neuron-Specific Enolase (NSE) and S100 Calcium Binding Protein B (S-100B) in Healthy Young Men. Sleep 37(1): 195-198. doi: 10.5665/sleep.3336.

Erstellt am 22. Januar 2014
Zuletzt aktualisiert am 22. Januar 2014

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