In niedriger Dosierung sind Opioide und Benzodiazepine eine vertretbare Option

Mehr Lebensqualität bei COPD

von Holger Westermann

Die ständige Atemnot ist für Menschen mit COPD eine alltägliche Belastung, nicht nur körperlich sondern auch psychisch. Die Angst nicht ausreichend Sauerstoff zu bekommen führt zu körperlicher und seelische Beklemmung. Opioide könnten die Atemnot lindern, gegen die Angstzustände könnten Benzodiazepine helfen. Doch beide Typen von Arzneimitteln stehen im Verdacht eine Atemdepression zu provozieren – möglicherweise zu Unrecht.

Zu wenig Sauerstoff (O2) einatmen zu können ist nur die eine Seite der COPD, die andere ist eben so riskant: Das Abatmen des Kohlendioxyds (CO2) ist ebenfalls stark eingeschränkt. Das CO2 reichert sich im Blut an und beeinträchtigt die Atemsteuerung des Gehirns. Die Folge ist eine flachere und damit weniger effektive Atmung, die letztendlich eine verminderte Lungenbelüftung (Hypoventilation) bewirkt. Diese Atemdepression ist eine lebensbedrohliche und deshalb gefürchtete Nebenwirkung einer Therapie mit Opioiden und Benzodiazepinen.

Eine schwedische Studie, die sich auf einen Großteil aller schwedischen COPD-Patienten mit O2-Versorgung (85%, 2.249, 59% Frauen) stützt, analysierte die Medikamenten-Therapien und deren Auswirkungen auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Betroffenen, die im Zeitraum von 1.10. 2005 bis 30.06. 2009 neu in diese Therapieform aufgenommen wurden (Schweden hat ein staatliches Gesundheitssystem mit Zugriff auf alle Daten). In der Studie berücksichtigt waren nur Patienten, die älter 45 Jahre waren, so sollten alle atypischen Fälle ausgeschlossen werden. Benzodiazepine erhielten 535 (24%) der Patienten, 509 (23%) erhielten Opioide und 200 (9%) wurden mit Medikamenten aus beiden Wirkstoffklassen therapiert.

Die Forscher fanden heraus, dass die Überlebenschancen der Patienten mit ansteigender Dosis der Medikamente mit diesen Wirkstoffen sank. Bei Menschen, die hochdosiert Benzodiazepine einnahmen stieg das Risiko um 23%, bei Opioiden und 21% (im Vergleich zu COPD-Patienten, die keine solchen Medikamente bekamen).

Bei Patienten, die mit Medikamenten in niedriger Dosierung therapiert wurden, zeigte sich dagegen kein negativer Effekt. Dann blieb die Kombinationstherapie von Benzodiazepinen und Opiaten ohne negative Auswirkungen auf die Überlebenswahrscheinlichkeit. Möglicherweise kompensiert die Behandlung der psychischen Erregbarkeit (Angst, Panikattacken) die Folgen der latenten Atemdepression. Mit weniger Angst und besserer Atmung zu leben ist für COPD-Patienten ein wichtiger Aspekt ihrer Lebensqualität.

Quellen:

Ekström, M.P. et al. (2014): Safety of benzodiazepines and opioids in very severe respiratory disease: national prospective study. British Medical Journal BMJ 348: g445, online veröffentlicht am 30.01.2014. doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.g445

Erstellt am 1. Februar 2014
Zuletzt aktualisiert am 21. März 2014

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