Im Winter Zusatzwärme für Wetterempfindliche

Der Golfstrom - Die Heizung Europas

von Holger Westermann

Genau genommen ist der Wirbel aus warmem Oberflächenwasser im Atlantik die Fußbodenheizung für das Wetter in Nord- und Mitteleuropa, aber auch an der Küste Neuenglands (USA) und Neufundlands (Kanadas). Er startet mit 30°C im Golf von Mexiko und erreicht die Küsten Großbritanniens und Norwegens mit 20°C. Über dem warmen Wasser ist die absolute Luftfeuchte erheblich höher als über kalten Meeren, sie kann deutlich mehr Energie aufnehmen – das Wetter gewinnt an Dynamik.

Im Jahr 1513 n.Chr. entdeckte der spanische Seefahrer Ponce de Leon vor der Küste Floridas eine starke oberflächennahe Strömung, die seinen Schiffen das Vorwärtskommen nach Westen erheblich erschwerte. Der Name Golfstrom geht auf Benjamin Franklin (1706 - 1790; Verleger, Naturwissenschaftler, Politiker) zurück und bezieht sich auf den Ausgangs- oder Wendepunkt im Golf von Mexiko. Andere Bezeichnungen sind Floridastrom oder Canal de Bahama.

Entlang der Ostküste der USA ist er schmal und schnell, nur etwa 100 km breit und seine Strömungsgeschwindigkeit liegt bei 6 km/h. Östlich von Neufundland teilt sich der Golfstrom. Der nördliche Ast zeigt in Richtung Nordmeer und reicht mit einer Randströmung bis in die Nordsee. Der südliche Ast wendet sich zu den Kanaren. Der für Mitteleuropa relevante nördliche Ausläufer des Golfstroms wird auch Nordatlantikstrom genannt.

Auf seinem Weg nach Norden transportiert der Golfstrom erhebliche Mengen an warmem Wasser aus subtropischen Breiten Richtung Europa. Insgesamt ist es mehr als einhundertmal so viel Wasser, wie über alle Flüsse der Welt ins Meer fließt. Dabei ist die Wassertemperatur vor Irland noch warm genug, sodass dort im Küstenbereich Palmen gedeihen. Den Begriff der „Heizung Europas“ prägte 1855 der Marineoffizier und Hydrograf Matthew Fontaine Maury in seinem Buch „The Physical Geography of the Sea“.

Derzeit wird der Einfluss des Golfstroms auf das Wetter in Mitteleuropa intensiv diskutiert. So hält der Klimaforscher Richard Seager vom Lamont-Doherty Earth Observatory (Columbia University in the City of New York, USA) globale Luftströmungen und den Wärmepuffereffekt der Meere für bedeutsamer als den Golfstrom. Unstrittig ist jedoch, dass die Küsten entlang des Golfstroms, insbesondere Großbritannien, Island und Norwegen sowie Spitzbergen aber auch Grönland und Neufundland von der wärmenden Fußbodenheizung profitieren. Im Hochsommer mag der Effekt geringer sein, im Winter ist der wärmende Einfluss in der örtlichen Vegetation sichtbar und für wetterempfindliche Menschen unmittelbar spürbar.

Quellen:

Seager, R. et al. (2002): Is the Gulf Stream responsible for Europe’s mild winters? Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society 128 (586): 2563-2586. DOI: 10.1256/qj.01.128   (pdf-Datei)

Seager, R. (2006): The Source of Europe's Mild Climate - The notion that the Gulf Stream is responsible for keeping Europe anomalously warm turns out to be a myth. American Scientist 94 (4): 334. DOI: 10.1511/2006.60.999

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Der Golfstrom - Die Heizung Europas. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 07.04.2014

Erstellt am 7. April 2014
Zuletzt aktualisiert am 7. April 2014

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