Wetter

Frost im April stresst Pflanzen und Menschen

von Holger Westermann

Nach einer langen Verwöhnwetter-Periode ist nun vielerorts wieder Reif oder gefrorener Tau am Morgen möglich, beispielsweise in Südbayern. In gewöhnlichen Jahren sind Nachtfröste im April nicht ungewöhnlich du richten kaum Schaden an. Heuer (in diesem Jahr) ist die Vegetation jedoch bereits im Vollfrühling angekommen und die Obstbäume stehen in voller Blüte, die Weinreben schieben schon zarte Triebe. Selbst gemeinhin frostresistente Pflanzen befinden sich derzeit in einem verwundbaren Wachstumsstadium - wetterempfindliche Menschen auch.

Die Mehrzahl der heimischen Gehölze verträgt auch strengen Frost ohne Wachstumsfähigkeit einzubüßen. Zarte Strukturen wie Blätter werden im Herbst abgeworfen, das schützt vor Erfrierungen und reduziert den Windwiderstand während der Herbststürme. Zuvor werden wertvolle Inhaltsstoffe ins Zentrum der Pflanze verlagert, zuerst der grübe Farbstoff das Chlorophyll. Dadurch kommen andere Farben, zuerst rot danach gelb, zum Vorschein. Die Menschen freuen sich an der Herbstfärbung und die Pflanzen können im Frühjahr wieder Chlorophyll für das frische Grün bilden.

Sobald das Winterwetter schwindet, durch Tauwetter wieder Feuchte zu den Wurzeln im Boden dringt und Sonnenschein den oberirdischen Spross erwärmt, beginnen die ersten kälteresistente Pflanzen mit dem Frühlingserwachen – die kältesensiblen folgen mit ein wenig Verzögerung. Treten die Reize Wärme, Feuchte und Sonnenschein schon früh im Jahr auf – so wie heuer – dann beginnt auch die Vegetationsphase vorzeitig. Kommt danach noch einmal zu Nachtfrost, bedeutet dies einen "Kältestress" für die Pflanzen. Robusten Triebe (beispielsweise alle Zwiebelblumen) schadet das nicht, zarte Blüten und Blätter werden aber derart geschädigt, so dass sie rasch eine braune Färbung annehmen und in einem welk erscheinenden Zustand abfallen.

Für den Freizeitgärtner ist Spätfrost beklagenswert, für den Landwirt möglicherweise ruinös. Bei rechtzeitiger Warnung (durch DWD und ZAMG*) vor einem späten Kälteeinbruch können gezielte Maßnahmen oftmals die größten Schäden verhindern. Beispielsweise werden gefährdete Pflanzenteile mit Stroh, Tüchern oder Brettern abgedeckt. Bei Ostbäumen hilft bei Minustemperaturen auch eine Beregnung. Das flüssige Wasser gefriert an den Blüten und bildet eine dünne Eisschicht. Beim Gefrieren wird Wärme frei, so dass die Temperatur unmittelbar an den Blüten nicht wesentlich unter den Gefrierpunkt sinkt.

In der Nacht zum Gründonnerstag besteht insbesondere von der Mitte bis in den Süden Deutschlands und in den westlichen Bundesländern Österreichs noch eine hohe Frostgefahr. Neue Tiefausläufer, die sich von Nordwesten nähern, führen ab Karfreitag feuchtere und wolkenreichere Luft heran, womit die Frostgefahr bis zum Ostersamstag merklich abgemildert wird. Auch wer den Osterspaziergang sehr früh am Tag beginnt, wird in den Tallagen durchweg frostfrei wandern können.

Wetterempfindliche Menschen mit Herz-Kreislauf-Beschwerden, Bluthochdruck, Arteriosklerose oder Asthma sollten dennoch am frühen Morgen auf Aktivitäten im Freien verzichten. Kälte könnte die Symptome ihrer Erkrankung verstärken. Menschen mit Rheuma oder Arthrose sowie Neigung zu Muskelverkrampfungen können auf einen raschen Temperaturanstieg hoffen, gegen Mittag werden allerorten (nur nicht in den Bergen) zumindest 15°C erreicht.


* Deutscher Wetterdienst (DWD) und Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG)

Quellen:

Dipl.-Met. Adrian Leyser: Frost im April bedeutet Stress für die Pflanzen. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 16.04.2014

Erstellt am 16. April 2014
Zuletzt aktualisiert am 16. April 2014

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