Wetter

Belebende Wärme, ermüdende Hitze und drückende Schwüle

von Holger Westermann

Nach nasskaltem Wetter empfinden die meisten Menschen den Zustrom warmer Luft als angenehm. Doch mit zunehmender Schwüle schwindet die Begeisterung und die Klage über zunehmende Gesundheitsbelastung ertönt wieder allerorten. Der Temperatur-Wohlfühl-Bereich für Mitteleuropäer ist sehr schmal, zwischen 22 und 26°C gefühlte Temperatur.

Dabei ist es gar nicht so leicht, die „optimal angenehme Temperatur“ zu benennen. Wer sich körperlich anstrengt bevorzugt frischere Umgebung als Menschen in der Entspannungsphase; Senioren bevorzugen Wärme um 25°C während Jugendliche noch bei 16°C Lufttemperatur im T-Shirt flanieren. In Büroräumen wurde die optimale Leistungsfähigkeit bei 19°C Raumtemperatur beobachtet, eine Umgebung die Männer akzeptabel empfanden während Frauen fröstelten.

Hinzu kommt, dass auch die Begleiterscheinungen ansteigender Lufttemperatur individuell unterschiedlich beurteilt werden. Mancher empfindet bereits bei 18°C hohe Luftfeuchte als unangenehm schwül, andere fühlen sich bei vergleichbaren Bedingungen und 28°C noch wohl. Nur wenige genießen es, sich in prallem Sonnenschein zu aalen, die Mehrzahl der Mitteleuropäer bevorzugt im Hochsommer zur Mittagszeit einen Schattenplatz. Neben aktueller Aktivität, Alter und Geschlecht hat auch der allgemeine Gesundheitszustand gewichtigen Einfluss auf die Toleranz gegenüber Wärme, Strahlungsintensität und Luftfeuchte.

Besonders störend wird Wärme bei Nacht empfunden. In Tropennächten, wenn auch hierzulande die Temperatur nicht unter 20°C sinkt, fällt es schwer Schlaf zu finden. Dazu muss man zur Ruhe kommen die Körpertemperatur abgesenkt werden. Kein Leichtes, wenn man sich unwohl fühlt, mit der Bettdecke ringt und nach der idealen Schlafposition sucht. Helfen kann der Wechsel von der gefütterten Bettdecke zu einem leichten Bettlaken. Das wärmt weniger, absorbiert aber den Schweiß und verhindert bloss zu liegen. Ganz ohne Zudecke zu schlafen ist ungewohnt und begünstigt eine übermäßige Auskühlung; auch Frösteln ist schlafstörender Misskomfort.

Tagsüber wird Wärme oder gar Hitze als weniger belastend wahrgenommen als Schwüle. Um ein angenehmes Körpergefühl zu bewahren kann man bei steigender Lufttemperatur auf Anstrengung verzichten und sich leicht und luftig kleiden - bei hoher Luftfeuchte scheitert diese Strategie. Denn quälendes Schwüleempfinden bedeutet, dass es nicht mehr zuverlässig gelingt überschüssige Körperwärme abzuleiten. Bei moderater Wärme weiten sich die Adern und verstärken so den Blutfluss vom Körperzentrum zur Körperoberfläche. Über die Haut als Kontaktfläche wird die Wärme an die Umgebungsluft abgegeben. Weht Wind wird die erwärmte Luftschicht weggetragen und durch frische ersetzt; der Luftzug kühlt zusätzlich. Unterstützt wird der Effekt durch schwitzen. Die Verdunstungskälte beim Verdampfen des Wassers kühlt und garantiert einen größeren Temperaturunterschied zwischen erwärmtem Blut und Hautoberfläche.

Bei Schwüle ist die Luft jedoch weitgehend mit Wasserdampf gesättigt. Der Schweiss verdunstet nicht und rinnt wirkungslos den Körper herab, der kühlende Effekt bleibt aus. Das Wohlbefinden sinkt, das Risiko für Wärmestau im Körper steigt (Hyperthermie). Menschen mit andauernden oder immer wiederkehrenden Erkrankungen sind davon oft im besonderen Maß betroffen. Wer unter Herz-Kreislauf-Beschwerden, beispielsweise Bluthochdruck leidet fühlt sich bei Schwüle besonders elend. Auch Menschen mit metabolischem Syndrom, Übergewicht und Diabetes schwitzen besonders stark ohne lindernde Kühlung zu erfahren. Atemwegserkrankungen machen sich besonders intensiv bemerkbar, da feuchtwarme Luft pro Atemzug nur wenig Sauerstoff enthält. Bei Hitze ist die Luft dünner (weniger Moleküle pro Kubikmeter) und der Wasserdampf reduziert den Sauerstoffgehalt zusätzlich.

Besonders belastend wirkte in den letzten Tagen der steile Temperaturanstieg um mehr als 10°C innerhalb von 24 Stunden und dass dann unmittelbar Schwüle auftrat. Aktuell wird Mitteleuropa von Südosten her mit feuchtheißer Luft geflutet. Österreich erlebt Tagesmaxima von über 40°C, Bayern, Thüringen. Sachsen, Brandenburg Berlin bis 37°C, Baden-Württemberg und Hessen bis 33°C. Weiter nordwestlich wird es durch frische Meeresluft mit rund 25°C milder. Wo feuchtwarme Mittelmeerluft und frische Atlantikbrise aufeinander treffen entwickeln sich mächtige Gewitter. Aber auch in der schwülen Heißluft können Wärmegewittert entstehen.

Quellen:

Dipl.-Met. Thomas Ruppert:Hitze und Schwüle. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 31.07.2017

Dipl.-Met. Martin Jonas: Gewitter - Nach- und „Vor“-lese. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 01.08.2017

Erstellt am 1. August 2017
Zuletzt aktualisiert am 1. August 2017

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