Jugendliche brauchen mehr Schlaf als Erwachsene, schlafen aber deutlich weniger
Jugend, die Lebensphase mit chronischem Schlafdefizit
Offensichtlich stört die Jugendlichen der Schlafmangel und die ständige Müdigkeit am Tag weniger als die Gefahr etwas verpasst zu haben. Für die Mehrzahl der Heranwachsenden und jungen Erwachsenen sind Sozialkontakte, unmittelbar in der Clique oder mittelbar virtuell über das Internet, wichtiger als die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit in Beruf, Schule und Freizeit. Jede/r Fünfte (21%) schläft nur fünfeinhalb Stunden.
Jugendliche brauchen mehr Schlaf als Erwachsene, schlafen aber deutlich weniger. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Schlafmedizinischen Zentrums in Marburg und des Instituts für Gesundheitsförderung und -forschung (IGFF) in Dillenburg. Sie haben knapp 9.000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 25 Jahren (Männer 68%, Frauen 32%) in Hinblick auf ihren allgemeinen Gesundheitszustand und ihre Schlafgewohnheiten untersucht. Im Schnitt schlafen die jungen Menschen weniger als sieben Stunden (6,7±0,9) täglich. Nach Expertenmeinung sind das anderthalb bis zweieinhalb Stunden zu wenig – und das jeden Tag.
Chronischer Schlafmangel kann gesundheitliche Probleme wie psychische Erkrankungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen, erklärt Studienleiter Dr. Manfred Betz vom IGFF die Folgen dieses Lebensstils. Eine Ursache für das Schlafdefizit sehen die Forscher im biologischen Rhythmus der Jugendlichen. Das Schlafhormon Melatonin wird deutlich später am Tag ausgeschüttet als vor der Pubertät, deshalb sind die Jugendlichen noch nicht müde und gehen erst sehr spät zu Bett. Die Ermahnung „Geh doch früher ins Bett, dann bist Du morgens ausgeschlafen“ ist deshalb wenig hilfreich.
Die zusätzliche Wachzeit am Abend und in der Nacht nutzen die Jugendlichen verstärkt zum Medienkonsum (TV und Internet) sowie für Sozialkontakte. Wer zu Hause bleibt oder bleiben muss, nutzt heutzutage nicht mehr das Telefon sondern das Internet. Durch den frühen Schul- oder Arbeitsbeginn bleibt dann jedoch keine Zeit zum Ausschlafen. So geben 68% der Befragten an, häufig länger schlafen zu wollen. Möglich ist das jedoch nur am Wochenende – und dann nutzen die Jugendlichen diese Gelegenheit auch: Neun Stunden Schlaf gönnen sie sich durchschnittlich, wenn man sie ausschlafen lässt. Nur 17% der Befragten fühlten sich auch an Schul- und Arbeitstagen gut ausgeschlafen. Aber 20% geben an, dass sie in den letzten 12 Monaten Schlafstörungen hatten, 1,9% waren deshalb in ärztlicher Behandlung.
In seinem Fazit empfiehlt Dr. Betz einen späteren Schulbeginn ab 9:00 Uhr für Schüler zwischen 16 und 20 Jahren. Er und sein Forschungsteam sehen noch einen großen Aufklärungsbedarf bei Jugendlichen und junge Erwachsenen. Viele leiden unter permanentem Schlafmangel, was sich ungünstig auf ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihre Leistungsfähigkeit auswirkt. Das Thema Schlaf müsse bei gesundheitsfördernden Maßnahmen deutlich stärker berücksichtigt werden.
Quellen: Betz, M. et al. (2012): Schlafgewohnheiten und Gesundheit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Deutsche Medizinische Wochenschrift 137: A28. DOI: 10.1055/s-0032-1323191
Erstellt am 5. November 2012
Zuletzt aktualisiert am 24. Januar 2013

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