Wetter

Die „gefühlte Temperatur“ und der Universelle Thermischer Klimaindex (Universal Thermal Climate Index, UTCI)

von Holger Westermann

Um eine optimale Funktion zu gewährleisten, versucht der menschliche Körper eine konstante Kerntemperatur von etwa 37°C zu halten. Abweichungen von der Optimaltemperatur werden recht zügig bemerkt und bewusst, durch einen Wechsel der Kleidung oder unbewusst, durch zittern (zu kalt) und schwitzen (zu warm) korrigiert. Für das Wohlfühlen ist also die Abweichung von der idealen Körpertemperatur relevant. Dafür sind neben der Lufttemperatur auch die Luftfeuchtigkeit und die Windgeschwindigkeit aber auch die Strahlungswärme der Sonne und die Reflexionsstrahlung an Wänden, Wasserflächen oder – bis vor wenigen Tagen – an Schneeflächen, relevant.

Die Idee, eine aus diesen meteorologischen Parametern abgeleitete Größe für das "Wohlbefinden" des Menschen zu finden, ist nicht neu. Bekannte Beispiele hierzu wären der Wind Chill Temperatur Index oder der Hitzeindex. Beide sind jedoch nicht allgemeintauglich, sondern eher Spezialwerte für eine Temperaturabsenkung oder –steigerung. Zudem berücksichtigen sie nicht alle meteorologischen Parameter, die auf das Wohlbefinden und auf die Gesundheit wirken.

Der Universelle Thermischen Klimaindex (UTCI) versucht alle relevanten Einflüsse auf das thermische Wohlbefinden in einem Temperatur-Indexwert zusammen zu fassen. Seit 2002 beschäftigt sich eine Kommission der "International Society on Biometeorology" (Internationale Gesellschaft für Biometeorologie, ISB) mit der Formulierung des UTCI. Seit 2005 beteiligt sich auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) an diesem Projekt. Im Juni 2012 wurde der UTCI und seine Berechnungsgrundlage der Öffentlichkeit online zur Verfügung gestellt.

Der Vorteil des UTCI ist, dass er in allen Klimazonen und zu allen Jahreszeiten seine Gültigkeit behält. Sein Nachteil ist, dass er nicht überall korrekte Werte liefert. So unterschätzt der UTCI bei negativen Temperaturen den Kältestress. Daher wurde im DWD entschieden, die auf ähnlichen physikalischen Grundlagen basierende "Gefühlte Temperatur" zu verwenden. Dieser Temperaturwert basiert auf dem Klima-Michel-Modell und ist vor allem in den gemäßigten Breiten Mitteleuropas realistischer. Auch bei Menschenswetter ist deshalb die „Gefühlte Temperatur“ und nicht der UTCI Grundlage der Prognosen.

Bei den heutigen sehr milden Lufttemperaturen in Deutschland unterscheiden sich die Werte der beiden Indizes nicht sehr stark, daher repräsentieren folgende Beispiele des UTCI das Wärmeempfinden des Menschen in ähnlicher Weise. So lag die Lufttemperatur am heutigen Dienstagmorgen in Köln bei +13°C, aufgrund des kräftigen Windes und einer Luftfeuchtigkeit von 75 % ergab der UTCI aber nur einen Wert von -1°C. Am Brocken mit einer Temperatur von +4°C lag der UTCI durch den schweren Sturm und die hohe Luftfeuchtigkeit bei sehr unangenehmen -23°C. Deshalb sind Biowetter-Vorhersagen, die sich an der Lufttemperatur orientieren unbrauchbar. Sie bilden nicht die wetterbedingte Belastung des Körpers ab und erlauben daher auch keine Prognose über deren Einfluss auf die Gesundheit.

Quellen:

Dipl.-Met. Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber: UTCI - Universal Thermal Climate Index (Universeller Thermischer Klimaindex). Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 30.01.2013

Erstellt am 30. Januar 2013
Zuletzt aktualisiert am 30. Januar 2013

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Zwischenfrühling

Sonnenschein, Wärme an langen lichten Tage dieser Frühlingsdreiklang lockt hierzulande in den kommenden Tagen ins Freie. Das nasskalte Wetter weicht angenehmer Witterung. Für die Mehrzahl wetterempfindlicher Menschen eine Wohltat - leider wird auch der Pollenflug stimuliert. weiterlesen...


Beschleunigte Alterung der Gehirne erwachsener Frauen nach traumatiesierender Erfahrung in der Kindheit

Erleiden Mädchen emotionale, sexuelle oder physische Gewalt, müssen sie als Frauen mit einem höheren Risiko für Depressionen, Angststörungen, Fibromyalgie, Herzkreislauf - und Stoffwechselerkrankungen leben. Forscher der Charité Berlin haben nun einen weiteren neurologischen Effekt erkannt. weiterlesen...


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...